Vorratsdatenspeicherung für Hoster und Anonymisierungsdienste gegen Urheberrechtsverletzungen
Seitdem im Zuge der Einführung des Zivilrechtlichen Auskunftsanspruchs §101 UrhG Raubkopierer in konventionellen P2P-Tauschbörsen verstärkt verfolgt werden, finden die Urheberrechtsverletzungen nun bekanntermaßen vor allem über professionelle Dienstleister wie Usenet-Hoster (Usenext, Firstload ect.), Sharehoster (RapidShare, Megaupload ect.) und Streamhoster (Megavideo, Duckload ect.) statt, die für die Anonymität ihrer Nutzer garantieren und damit ein lukratives Geschäft betreiben.
Die von den Betreibern garantierte Sicherheit der Downloader vor effektiver Strafverfolgung ist dabei von entscheidender Bedeutung für die Beliebtheit dieser Plattformen, vor allem in Deutschland, was man auch daran sieht, dass sämtliche Betreiber immer wieder betonen keinerlei Download-Protokolle zu führen und zum Beispiel RapidShare in seiner "Datenschutzerklärung" erklärt, sollte eine Pflicht zur Erstellung solcher Protokolle gefordert werden "würden wir auch gerne durch alle Instanzen gehen, um das zu verhindern".
So schreibt das Computermagazin "CHIP" denn auch in der aktuellen Ausgabe 06/2011, dass in P2P-Tauschbörsen allein im vergangenen Jahr Dank des Auskunftsanspruchs gegenüber Internet-Providern 575.800 Nutzer zivilrechtlich belangt wurden, bei Sharehostern bis jetzt aber noch kein einziger Downloader abgemahnt werden konnte. Da ist es natürlich klar wohin es die Nutzer inzwischen zieht, wenn es um die Beschaffung illegaler Inhalte geht.
Als Alternative zu den Hosting-Plattformen, die auch gleichzeitig die Zwischenspeicherung der Inhalte Zwecks Übertragung mit maximaler Geschwindigkeit übernehmen, gibt es auch reine Anonymisierungsdienste zur Nutzung herkömmlicher P2P-Tauschbörsen, sogenannte "VPN-Provider" wie z.B. "VPNTunnel.se", die ebenfalls damit werben keinerlei Protokolle zu führen und so die Nutzer vor effektiver Strafverfolgung zu "schützen".
Das Thema Usenet-, Share- und Streamhoster sowie VPN-Provider ist zwar in der Urheberrechtsdiskussion inzwischen überall präsent, aber außer diversen "da muss man irgendwas machen" und "das sollte so nicht sein"-Kommentaren habe bisher leider nicht viel wirklich konkretes gelesen.
Meines Erachtens nach besteht der einzige Weg einer effektiven Rechtsdurchsetzung im Rahmen dieser Dienste darin diesen die Einführung einer verpflichtenden Vorratsdatenspeicherung aufzuerlegen, sodass Hoster speichern müssten mit welcher IP-Adresse ein Werk heruntergeladen wurde bzw. VPN-Provider müssten analog zur Vorgehensweise der Internet-Provider speichern wer wann mit welcher IP-Adresse unterwegs war und diese Daten auf richterliche Anordnung gemäß §101 UrhG aushändigen. Damit das ganze Sinn macht, müssten ausländische Dienste, die sich nicht kooperativ zeigen, gegebenenfalls in Deutschland auf IP- und DNS-Ebene gesperrt werden.
Ich weiß, dass die Themen "Vorratsdatenspeicherung" und "Websperren" äußerst unpopulär sind, aber diese sind soweit ich das sehe leider auch die einzigen Maßnahmen, um die Rechtsdurchsetzung - insbesondere für das Urheberrecht - im Internet aufrecht zu erhalten.
MarkusDrenger ist dagegen
Sehr geehrter Herr Lieber,
ich halte von ihrem Vorschlag nicht viel. Zu meinen Gründen:
Punkt 1 Definition "Hoster" Jeder mit dem Internet verbundene Rechner ist in der Lage, Speicherplatz anzubieten. Das trifft Mobiltelefone genauso wie das Rechenzentrum von RapidShare. Somit müssten auch Sie gezwungen werden, Daten zu speichern.
Punkt 2 Ihr Verständnis von IP-Adressen Der Irrglaube, man könne eine IP-Adresse eindeutig einem Menschen zuordnen, existiert wohl noch. IP-Adressen sind so etwas wie Kennzeichen an Fahrzeugen wie Bussen. Der Fahrzeughalter haftet aber nicht für das, was Fahrer oder Beifahrer machen. (Was MarkusDrenger unterschlägt: Der Fahrzeughalter haftet für den ordnungsgemäßen Betrieb des Fahrzeuges, gleichgültig, wer damit fährt (§ 31 StVG), der Fahrzeughalter haftet für Falschparken (§ 25a Absatz 1 StVG).)
Punkt 3 Begriffserklärung Vorratsdatenspeicherung Bei der Vorratsdatenspeicherung ging es darum, sämtliche Verkehrsdaten aller Bürger zu protokollieren. Das damit eine vollständige Überwachung aller Bürger eingeführt wird, scheint leider noch nicht bei allen angekommen zu sein. Hier kann ich Ihnen nur das Bewegungsprofil des Bundestagsabgeordneten Malte Spitz empfehlen: http://www.zeit.de/datenschutz/malte-spitz-vorratsdaten Die Vorratsdaten sollten übrigens nur für schwere Verbrechen (Terrorismus etc) herangezogen werden und nicht für ein so kleines Rechtsgut wie Urheberrecht.
Begriffserklärung Websperren Bei Websperren geht es darum, dass die Regierung oder sonstiges Gremium entscheidet, was Bürger zu sehen bekommen und was nicht. Diese Art der Zensur kennen wir aus Tunesien, China, Iran und Ägypten.
Punkt 4 Anonymität Es ist für die Menschen auf dieser Welt essentiell, sich anonym Informationen im Internet zu besorgen. Es gibt diverse Anonymisierungsdienste und Dienste, die staatliche Zensur unterwandern. Viele Nutzer in der freien Welt stellen Teile ihrer Bandbreite zur Verfügung, um anonymes Surfen zu ermöglichen, auch die US Regierung betreibt und fördert diese Dienste, da diese vielfältige Zwecke erfüllen.
So ermöglichen Dienste wie das TOR-Netzwerk Nutzern aus China Seiten wie amnestyinternational aufzurufen oder Menschen aus Tunesien, Bilder und Videos ihrer Demonstrationen zu verbreiten. Auch staatliche Dienste greifen gerne auf Anonymisierungsdienste zurück, damit sie nicht mit ihren offiziellen IP-Adressen im Netz surfen. Da gab es ja mal so Zwischenfälle vom BND und der Wikipedia.
Aber Anonymität bekommt noch in einem ganz anderen Kontext Brisanz: Durch fehlende Anonymität erstellen große Unternehmen Nutzerprofile und blenden abhängig davon Informationen ein oder aus. Hier sorgen Algorithmen dafür, dass nur zu ihrem Profil relevante Informationen angezeigt werden. Hier läuft man Gefahr, innerhalb des eigenen Profils gefangen zu sein, da es immer schwieriger wird, Informationen zu finden, die nicht für das eigene Profil maßgeschneidert wurden. Hier möchte ich Ihnen den folgenden Vortrag empfehlen: http://blog.ted.com/2011/05/02/beware-online-filter-bubbles-eli-pariser-on-ted-com/
Punkt 5 Urheberrecht Man steht vor der Wahl, entweder jede private Kommunikation zu überwachen nach Urheberrechtsverletzungen zu fahnden oder private Kommunikation privat zu lassen.
Die Abwägung der beiden Rechtsgüter geht für mich zu Lasten des Urheberrechts aus.