Papier: 1.08 (Privatkopie)
Originalversion
1 | Bestandsaufnahme |
2 | |
3 | Mit dem Aufkommen von Magnettonbändern und Kassenrekordern |
4 | in den 1950er Jahren entstand auch für Privatpersonen |
5 | erstmalig die Möglichkeit, musikalische Werke zu |
6 | vervielfältigen, wodurch neue Nutzungsformen im |
7 | Privatbereich entstanden, die sich der Kontrolle durch die |
8 | Rechteinhaber entzogen. |
9 | Da sich ein Verbot der Anfertigung privater Kopien nicht |
10 | hätte durchsetzten lassen, entschied sich der Gesetzgeber |
11 | zur Einführung einer pragmatischen Lösung und führte |
12 | erstmals einen pauschalisierten Schadensersatz ein. Das 1965 |
13 | verabschiedete Urheberrecht trug der expandierenden |
14 | Nachfrage nach Aufnahmegeräten Rechnung, indem es die |
15 | Institution der „erlaubnisfreien Privatkopie“ schuf und |
16 | gleichzeitig den Urhebern einen Anspruch auf Vergütung |
17 | zusprach. Ermöglicht wurde dadurch das Vervielfältigen zum |
18 | privaten und sonstigen eigenen Gebrauch ohne vorherige |
19 | Erlaubniseinholung. |
20 | Die Vergütung der Rechteinhaber erfolgte in Form einer |
21 | Pauschalvergütung, die durch Abgaben auf bestimmte Geräte |
22 | und Medien, die zur Vervielfältigung verwendet werden |
23 | können, erhoben werden. Dazu zählen etwa Kopier und |
24 | Faxmaschinen, Scanner, Drucker, Computer und Medien wie |
25 | Fotokopien, Kassetten oder CD-Rohlinge. |
26 | Die Einführung dieser Regelung eröffnete einen privaten |
27 | Freiraum für die Nutzung von Kulturgütern, wodurch der |
28 | allgemeine Informationsfluss gefördert und gleichzeitig die |
29 | Interessen der Urheberinnen und Urheber gewahrt wurden. |
30 | Weil die Privatkopie-Schranke tatsächlich die meisten |
31 | Nutzungsformen von Wissen als legitim anerkennt und |
32 | rechtlich absichert, ist die Vielzahl der Bürger in |
33 | Deutschland über mehrere Jahrzehnte kaum einmal bewusst mit |
34 | dem Urheberrecht in Berührung gekommen. Die |
35 | Privatkopieregelung erwies sich zugleich als so flexibel, |
36 | dass sie problemlos auf alle neuen Gerätegenerationen |
37 | angewendet werden konnte. |
38 | |
39 | [Neuer Absatz vom 18.03.2011:] |
40 | Es kann nicht unterstellt werden, dass sich das Private, auf |
41 | das sich die Regelung zur Privatkopie bezieht, nicht im |
42 | Zeitverlauf wandelt. Gehören dazu auch die |
43 | „Facebook-Freunde“, die man vermutlich nie real gesehen hat? |
44 | In Anlehnung an eine ältere, auf analoge |
45 | Vervielfältigungsstücke bezogene BGH Entscheidung (BGH GRUR |
46 | 1978, S. 474) behilft sich die Praxis zum Teil mit einer |
47 | Obergrenze von sieben Kopien pro Werkstück und legalem |
48 | Nutzer zur nichtkommerziellen Weitergabe. Die Fokussierung |
49 | auf eine Zahl von Kopien hat den Vorteil der Klarheit, löst |
50 | sich tendenziell von der Vorstellung einer besonderen |
51 | Sphäre, in der jedenfalls eine Verfolgung von Verletzungen |
52 | nicht erfolgen soll. Sie kann daher nicht davon entbinden zu |
53 | klären, was als privater Zweck angesehen wird. Veränderung |
54 | des Privaten kann das Bedürfnis nach einer Anpassung der |
55 | Privatkopieregelung mit sich bringen, sie birgt aber auch |
56 | die Gefahr, dass die Kontrolle des Urhebers und die |
57 | kommerzielle Auswertung der Werke leiden. Eine Lösung wird |
58 | nur möglich sein, wenn man sich über den genauen Sinn der |
59 | Privatkopie-Schranke verständigt hat und davon ausgehend |
60 | definiert, was künftige als private Nutzung privilegiert |
61 | werden soll. |
Der Text verglichen mit der Originalversion
1 | Bestandsaufnahme |
2 | |
3 | Mit dem Aufkommen von Magnettonbändern und Kassenrekordern |
4 | in den 1950er Jahren entstand auch für Privatpersonen |
5 | erstmalig die Möglichkeit, musikalische Werke zu |
6 | vervielfältigen, wodurch neue Nutzungsformen im |
7 | Privatbereich entstanden, die sich der Kontrolle durch die |
8 | Rechteinhaber entzogen. |
9 | Da sich ein Verbot der Anfertigung privater Kopien nicht |
10 | hätte durchsetzten lassen, entschied sich der Gesetzgeber |
11 | zur Einführung einer pragmatischen Lösung und führte |
12 | erstmals einen pauschalisierten Schadensersatz ein. Das 1965 |
13 | verabschiedete Urheberrecht trug der expandierenden |
14 | Nachfrage nach Aufnahmegeräten Rechnung, indem es die |
15 | Institution der „erlaubnisfreien Privatkopie“ schuf und |
16 | gleichzeitig den Urhebern einen Anspruch auf Vergütung |
17 | zusprach. Ermöglicht wurde dadurch das Vervielfältigen zum |
18 | privaten und sonstigen eigenen Gebrauch ohne vorherige |
19 | Erlaubniseinholung. |
20 | Die Vergütung der Rechteinhaber erfolgte in Form einer |
21 | Pauschalvergütung, die durch Abgaben auf bestimmte Geräte |
22 | und Medien, die zur Vervielfältigung verwendet werden |
23 | können, erhoben werden. Dazu zählen etwa Kopier und |
24 | Faxmaschinen, Scanner, Drucker, Computer und Medien wie |
25 | Fotokopien, Kassetten oder CD-Rohlinge. |
26 | Die Einführung dieser Regelung eröffnete einen privaten |
27 | Freiraum für die Nutzung von Kulturgütern, wodurch der |
28 | allgemeine Informationsfluss gefördert und gleichzeitig die |
29 | Interessen der Urheberinnen und Urheber gewahrt wurden. |
30 | Weil die Privatkopie-Schranke tatsächlich die meisten |
31 | Nutzungsformen von Wissen als legitim anerkennt und |
32 | rechtlich absichert, ist die Vielzahl der Bürger in |
33 | Deutschland über mehrere Jahrzehnte kaum einmal bewusst mit |
34 | dem Urheberrecht in Berührung gekommen. Die |
35 | Privatkopieregelung erwies sich zugleich als so flexibel, |
36 | dass sie problemlos auf alle neuen Gerätegenerationen |
37 | angewendet werden konnte. |
38 | |
39 | [Neuer Absatz vom 18.03.2011:] |
40 | Es kann nicht unterstellt werden, dass sich das Private, auf |
41 | das sich die Regelung zur Privatkopie bezieht, nicht im |
42 | Zeitverlauf wandelt. Gehören dazu auch die |
43 | „Facebook-Freunde“, die man vermutlich nie real gesehen hat? |
44 | In Anlehnung an eine ältere, auf analoge |
45 | Vervielfältigungsstücke bezogene BGH Entscheidung (BGH GRUR |
46 | 1978, S. 474) behilft sich die Praxis zum Teil mit einer |
47 | Obergrenze von sieben Kopien pro Werkstück und legalem |
48 | Nutzer zur nichtkommerziellen Weitergabe. Die Fokussierung |
49 | auf eine Zahl von Kopien hat den Vorteil der Klarheit, löst |
50 | sich tendenziell von der Vorstellung einer besonderen |
51 | Sphäre, in der jedenfalls eine Verfolgung von Verletzungen |
52 | nicht erfolgen soll. Sie kann daher nicht davon entbinden zu |
53 | klären, was als privater Zweck angesehen wird. Veränderung |
54 | des Privaten kann das Bedürfnis nach einer Anpassung der |
55 | Privatkopieregelung mit sich bringen, sie birgt aber auch |
56 | die Gefahr, dass die Kontrolle des Urhebers und die |
57 | kommerzielle Auswertung der Werke leiden. Eine Lösung wird |
58 | nur möglich sein, wenn man sich über den genauen Sinn der |
59 | Privatkopie-Schranke verständigt hat und davon ausgehend |
60 | definiert, was künftige als private Nutzung privilegiert |
61 | werden soll. |
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