Papier: 1.11.01 Problemfeld: Nicht-kommerzielle, private Bearbeitung

Originalversion

1 Die zunehmende Digitalisierung und weltweite Vernetzung
2 senkt die Schwelle für die Erstellung und die Distribution
3 von Inhalten. Damit wird „demokratisiert“ die Werkschöpfung
4 und die Werkvermittlung demokratisiert. Professionelle
5 Werkvermittler, die sich damit befassen, Inhalte zu
6 „verkörpern“ (etwa Buchverleger, Tonträgerhersteller, Film-
7 und Videogrammhersteller) erleben vor diesem Hintergrund die
8 stärksten Strukturveränderungen, weil der Wert ihrer
9 Leistungen zwar noch geschätzt und genutzt, nicht aber mehr
10 in jeder Hinsicht und für jeden Inhalt benötigt wird. Die
11 Werknutzer verändern zum Teil ihre Rolle, indem die Nutzung
12 oft der Produktion eigener Inhalte vorgeschaltet wird. Der
13 Begriff des „Prosumenten“ bringt dies zum Ausdruck.
14 Gleichzeitig gibt es im Netz Formen der Werknutzung, die
15 zwar eine Anmaßung urheberrechtlicher Befugnisse mit sich
16 bringen, aber nur äußerst selten im eigentlichen Sinne in
17 wirtschaftliche Konkurrenz zu der professionellen
18 Werkvermittlung treten, etwa weil sie nur der sozialen
19 Kommunikation dienen (z.B. die Einbindung von geschützten
20 Inhalten in eigene Videos, das Persiflieren von
21 Originalvideos durch Einblendung neuer Tonspuren oder
22 Veränderung von Bildsequenzen, auch in Form von
23 „Fan-Videos“). Diese Nutzungshandlungen sind privater und
24 allenfalls mittelbar (für den Plattformbetreiber)
25 kommerzieller Natur. Sie fallen gleichwohl unter das
26 geltende Urheberrecht, weil sie in der Regel die Schwelle
27 einer freien Benutzung (§ 24 UrhG) nach der derzeit
28 herrschenden Auffassung nicht erreichen. Bei der
29 Neuveröffentlichung eines Werkes in kollagierter Form ist
30 neben der Zustimmung des Urhebers regelmäßig auch die
31 Zustimmung eines Leistungsschutzberechtigen einzuholen.
32
33 Wie die Europäische Kommission (2008: 20) im Grünbuch
34 "Urheberrechte in der wissensbe-stimmten Wirtschaft"
35 feststellt [Fußnote:
36 http://ec.europa.eu/internal_market/copyright/docs/copyright
37 -infso/greenpaper_de.pdf], enthält die Richtlinie 2001/29/EG
38 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts
39 bislang keine Schrankenbestimmung, die die Nutzung
40 urheberrechtlich geschützter Werke zum Zwecke der Schaffung
41 "neuer oder abgeleiteter Werke" erlauben würde. Wie die
42 europäische Kommission weiterhin anmerkt, kann die
43 "Verpflichtung, sich vor der Veröffentlichung von Adaptionen
44 erst der Rechte des zugrunde liegenden Werks zu versichern,
45 […] als Innovationshindernis angesehen werden, da sie der
46 Verbreitung neuer, potenziell wertvoller Werke im Wege
47 steht" (vgl zu der Notwendigkeit einer solchen Schranke auch
48 Grassmuck 2011; Hilty 2007).
49
50 In diesem Bereich wird über die Einführung von Schranken für
51 nutzergenerierte Inhalte disku-tiert, die private produktive
52 Nutzerhandlungen erlauben und diese an eine
53 Vergütungspflicht koppeln. Eine solche Ausnahme wurde auch
54 auf europäischer Ebene bereits erwogen, wohl aber nicht
55 weiter verfolgt. In der Praxis werden solche Nutzungen nur
56 mäßig verfolgt. Es spricht manches dafür, dass selbst die
57 betroffene Industrie sie nicht als ernsthafte Bedrohung
58 ansieht, wenn sie so konstruiert ist, dass sie nur die
59 genannten Bearbeitungen und öffentlichen Zugänglichmachungen
60 erfasst. Allerdings dürfte eine solche Schranke auf der
61 Ebene des europäischen Urheberrechts nur schwer
62 durchzusetzen sein, denn die Informationsrichtlinie aus dem
63 Jahr 2001, die einen abschließenden Katalog von Schranken
64 bzw. erlaubnisfreien Nutzungen enthält, sieht sie nicht vor.
65 Auch auf europäischer Ebene wird eine Flexibilisierung der
66 Schrankenregelung diskutiert, eine Änderung der Richtlinie
67 ist aber derzeit nicht absehbar.

Der Text verglichen mit der Originalversion

1 Die zunehmende Digitalisierung und weltweite Vernetzung
2 senkt die Schwelle für die Erstellung und die Distribution
3 von Inhalten. Damit wird „demokratisiert“ die Werkschöpfung
4 und die Werkvermittlung demokratisiert. Professionelle
5 Werkvermittler, die sich damit befassen, Inhalte zu
6 „verkörpern“ (etwa Buchverleger, Tonträgerhersteller, Film-
7 und Videogrammhersteller) erleben vor diesem Hintergrund die
8 stärksten Strukturveränderungen, weil der Wert ihrer
9 Leistungen zwar noch geschätzt und genutzt, nicht aber mehr
10 in jeder Hinsicht und für jeden Inhalt benötigt wird. Die
11 Werknutzer verändern zum Teil ihre Rolle, indem die Nutzung
12 oft der Produktion eigener Inhalte vorgeschaltet wird. Der
13 Begriff des „Prosumenten“ bringt dies zum Ausdruck.
14 Gleichzeitig gibt es im Netz Formen der Werknutzung, die
15 zwar eine Anmaßung urheberrechtlicher Befugnisse mit sich
16 bringen, aber nur äußerst selten im eigentlichen Sinne in
17 wirtschaftliche Konkurrenz zu der professionellen
18 Werkvermittlung treten, etwa weil sie nur der sozialen
19 Kommunikation dienen (z.B. die Einbindung von geschützten
20 Inhalten in eigene Videos, das Persiflieren von
21 Originalvideos durch Einblendung neuer Tonspuren oder
22 Veränderung von Bildsequenzen, auch in Form von
23 „Fan-Videos“). Diese Nutzungshandlungen sind privater und
24 allenfalls mittelbar (für den Plattformbetreiber)
25 kommerzieller Natur. Sie fallen gleichwohl unter das
26 geltende Urheberrecht, weil sie in der Regel die Schwelle
27 einer freien Benutzung (§ 24 UrhG) nach der derzeit
28 herrschenden Auffassung nicht erreichen. Bei der
29 Neuveröffentlichung eines Werkes in kollagierter Form ist
30 neben der Zustimmung des Urhebers regelmäßig auch die
31 Zustimmung eines Leistungsschutzberechtigen einzuholen.
32
33 Wie die Europäische Kommission (2008: 20) im Grünbuch
34 "Urheberrechte in der wissensbe-stimmten Wirtschaft"
35 feststellt [Fußnote:
36 http://ec.europa.eu/internal_market/copyright/docs/copyright
37 -infso/greenpaper_de.pdf], enthält die Richtlinie 2001/29/EG
38 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts
39 bislang keine Schrankenbestimmung, die die Nutzung
40 urheberrechtlich geschützter Werke zum Zwecke der Schaffung
41 "neuer oder abgeleiteter Werke" erlauben würde. Wie die
42 europäische Kommission weiterhin anmerkt, kann die
43 "Verpflichtung, sich vor der Veröffentlichung von Adaptionen
44 erst der Rechte des zugrunde liegenden Werks zu versichern,
45 […] als Innovationshindernis angesehen werden, da sie der
46 Verbreitung neuer, potenziell wertvoller Werke im Wege
47 steht" (vgl zu der Notwendigkeit einer solchen Schranke auch
48 Grassmuck 2011; Hilty 2007).
49
50 In diesem Bereich wird über die Einführung von Schranken für
51 nutzergenerierte Inhalte disku-tiert, die private produktive
52 Nutzerhandlungen erlauben und diese an eine
53 Vergütungspflicht koppeln. Eine solche Ausnahme wurde auch
54 auf europäischer Ebene bereits erwogen, wohl aber nicht
55 weiter verfolgt. In der Praxis werden solche Nutzungen nur
56 mäßig verfolgt. Es spricht manches dafür, dass selbst die
57 betroffene Industrie sie nicht als ernsthafte Bedrohung
58 ansieht, wenn sie so konstruiert ist, dass sie nur die
59 genannten Bearbeitungen und öffentlichen Zugänglichmachungen
60 erfasst. Allerdings dürfte eine solche Schranke auf der
61 Ebene des europäischen Urheberrechts nur schwer
62 durchzusetzen sein, denn die Informationsrichtlinie aus dem
63 Jahr 2001, die einen abschließenden Katalog von Schranken
64 bzw. erlaubnisfreien Nutzungen enthält, sieht sie nicht vor.
65 Auch auf europäischer Ebene wird eine Flexibilisierung der
66 Schrankenregelung diskutiert, eine Änderung der Richtlinie
67 ist aber derzeit nicht absehbar.

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