Papier: 1.07 (Verfassungsmäßiger Rahmen)
Originalversion
| 1 | Verfassungsrecht und Urheberrecht |
| 2 | |
| 3 | Das Werk des Urhebers wird im kontinentaleuropäischen Recht |
| 4 | sowohl durch sein Persönlich-keitsrecht als auch durch das |
| 5 | Eigentumsrecht geschützt. In Deutschland wird dieser Schutz |
| 6 | damit durch Artt. 1 und 14 GG gewährleistet. Das |
| 7 | Urheberrecht ordnet neben dem Urheberpersönlichkeitsrechts |
| 8 | die vermögenswerte Seite eines Werks dem Urheber zu. Für die |
| 9 | vermögenswerte Seite eines Werkes ist Artikel 14 GG |
| 10 | einschlägig - das Eigentum wird gewährleistet. |
| 11 | |
| 12 | Bei Artikel 14 GG handelt es sich um ein sog. normgeprägtes |
| 13 | Grundrecht, d.h. es bedarf der Ausgestaltung des |
| 14 | Gesetzgebers. Der Gefahr der möglichen Aushöhlung wird mit |
| 15 | der Konstruktion der Institutsgarantie begegnet, wonach ein |
| 16 | unveränderlicher Wert des Grundrechts erhalten bleiben muss. |
| 17 | |
| 18 | Als Institutsgarantie umfasst Artikel 14 GG nach der |
| 19 | Rechtsprechung des BVerfG die Zuordnung des wirtschaftlichen |
| 20 | Nutzens eigener Arbeit im Sinne angemessener Vergütung, |
| 21 | soweit nicht Gründen des Gemeinwohls der Vorrang [Fußnote: |
| 22 | BVerfG-Zitat: „Artikel 14 GG gebietet die grundsätzliche |
| 23 | Zuordnung der schöpferischen Leistung an den Urheber im Wege |
| 24 | privatrechtlicher Normierung und sichert seine Befugnis, |
| 25 | darüber in eigener Verantwortung verfügen zu können. Aber |
| 26 | nicht jede nur denkbare Verwertungsmöglichkeit ist |
| 27 | abgesichert. Vielmehr hat der Gesetzgeber gemäß Artikel 14 |
| 28 | Abs. 1 S. 2 GG eine der Natur und der sozialen Bedeutung des |
| 29 | Urheberrechts entsprechende Nutzung und angemessene |
| 30 | Verwertung sicherzustellen; jede inhaltsbestimmende |
| 31 | gesetzliche Regelung muss den Interessen aller Beteiligten |
| 32 | Rechnung tragen; sowohl die geistig-schöpferische als auch |
| 33 | die wiederschaffende Leistung sind darauf angelegt, nach |
| 34 | einiger Zeit frei zugänglich zu werden (BVerfG 31, 275).“] |
| 35 | gebührt. |
| 36 | |
| 37 | Bestandsaufnahme |
| 38 | |
| 39 | Das Urheberrecht gleicht Eigentumsinteressen und |
| 40 | Gemeinwohlinteressen aus, indem es Schutzansprüche mit |
| 41 | Schrankenregelungen kombiniert. So wird der |
| 42 | Sozialpflichtigkeit des Eigentums Rechnung getragen, dadurch |
| 43 | dass „der Träger eines vermögenswerten Rechts die |
| 44 | Beschränkungen gefallen lassen muss, die in Bezug auf sein |
| 45 | Recht üblich, sozialadäquat und zumutbar sind“ [Fußnote: |
| 46 | Maunz, Theodor: „Das geistige Eigentum in |
| 47 | verfassungsrechtlicher Sicht“, GRUR 1973, S. 107ff.]. Das |
| 48 | Bundesverfassungsgericht hat zudem ein schutzwürdiges |
| 49 | Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst ungehinderten |
| 50 | Nutzung von Werken ausdrücklich anerkannt, allerdings muss |
| 51 | ein gesteigertes öffentliches Interesse vorliegen [Fußnote: |
| 52 | BVerfGE 31, 229 (Leitsatz).]. Die Interessen der |
| 53 | Allgemeinheit sind verfassungsrechtlich durch Art 14 Abs. 2 |
| 54 | GG geschützt und setzen insofern der Ausgestaltung des |
| 55 | Eigentumsrechts Grenzen [Fußnote: BVerfGE95, 64 (84)]. |
| 56 | |
| 57 | Zur Abwägung zwischen Vermögensinteressen und |
| 58 | Gemeinwohlinteressen hat sich das Bundesverfassungsgericht |
| 59 | in seiner Entscheidung „Kirchen- und Schulgebrauch“ wie |
| 60 | folgt geäußert: Erstens sei das Urheberrecht als |
| 61 | Nutzungsrecht Eigentum im Sinne des Grundgesetzes. Zweitens |
| 62 | müsse deshalb „die grundsätzliche Zuordnung des |
| 63 | wirtschaftlichen Wertes eines geschützten Werkes an den |
| 64 | Urheber“ sichergestellt werden. Drittens rechtfertige es das |
| 65 | „Interesse der Allgemeinheit an einem ungehinderten Zugang |
| 66 | zu den Kulturgütern“, wenn bestimmte Nutzungen auch ohne die |
| 67 | Genehmigung des Urhebers möglich seien, sofern dieser eine |
| 68 | Vergütung erhalte [Fußnote: BVerfGE 31, S. 229, siehe auch |
| 69 | http://www.telemedicus.info/urteile/Urheberrecht/754-BVerfG- |
| 70 | Az-1-BvR-76566-Schulbuchprivileg.html]. |
| 71 | |
| 72 | Allerdings sind Ausschließlichkeitsrecht und |
| 73 | Vergütungsanspruch nicht gleichrangig. Der urheberrechtliche |
| 74 | Normalfall ist im geltenden Urheberrecht das |
| 75 | Ausschließlichkeitsrecht: Der Urheber kann selbst darüber |
| 76 | entscheiden, wer sein Werk zu welchen Konditionen nutzen |
| 77 | darf. Nur in Ausnahmefällen (Schranken) wird ihm dieses |
| 78 | Verbotsrecht genommen. Ihm verbleibt dann jedoch in aller |
| 79 | Regel ein Anspruch auf eine Vergütung. Hat er also keine |
| 80 | Möglichkeit mehr, die Nutzung seines Werks zu untersagen, so |
| 81 | soll ihm wenigstens eine finanzielle Kompensation |
| 82 | verbleiben. Gleichwohl ist es möglich, dass auch der |
| 83 | Vergütungsanspruch entfällt, wie etwa beim Zitatrecht. Dies |
| 84 | muss dann allerdings durch ein besonders starkes |
| 85 | Gemeinwohlinteresse begründbar sein [Fußnote: BVerfGE 79, S. |
| 86 | 29]. |
| 87 | |
| 88 | Die Schranken (z.B. Schutzfristen, Zitiergebot usw.) sind |
| 89 | Ausdruck des Interessenausgleichs zwischen Urhebern, |
| 90 | Verwertern und Nutzern und werden durch den Gesetzgeber |
| 91 | ausgestaltet. Sie sind nicht konkret durch das Grundgesetz |
| 92 | vorgegeben, sondern richten sich nach Eingriffsintensität |
| 93 | und Verhältnismäßigkeit. |
| 94 | |
| 95 | Neben den die Verwertungsrechte betreffenden |
| 96 | eigentumsrechtlichen Belangen sind persönlichkeitsrechtliche |
| 97 | Aspekte von Interesse. Das Urheberpersönlichkeitsrecht wird |
| 98 | üblicherweise aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht |
| 99 | hergeleitet und soll den Urheber „in seinen geistigen und |
| 100 | persönlichen Beziehungen zum Werk“ schützen, wie es in §11 |
| 101 | UrhG heißt. Aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht wird |
| 102 | beispielsweise das Recht auf Namensnennung abgeleitet oder |
| 103 | auch das Recht, sich gegen Entstellungen des Werks zur Wehr |
| 104 | zu setzen. |
| 105 | |
| 106 | Verfassungsrechtlich besteht der Schutzauftrag des Staates |
| 107 | darin, Beeinträchtigungen des allgemeinen |
| 108 | Persönlichkeitsrechts durch Dritte vorzubeugen. Zur |
| 109 | Beurteilung von Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte wird |
| 110 | in der Regel zunächst nach deren Intensität gefragt. Eine |
| 111 | Beeinträchtigung der Intimsphäre wiegt schwerer als eine der |
| 112 | Privatsphäre. Eine entsprechende Abwägung liegt auch für |
| 113 | Verletzungen des Urheberpersönlichkeitsrechts nahe. |
| 114 | |
| 115 | Ein wichtiges Indiz für die Beurteilung der Intensität von |
| 116 | Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte ist in der |
| 117 | Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Akt der |
| 118 | Erstveröffentlichung. In einem einschlägigen Urteil dazu |
| 119 | heißt es: „Mit der Veröffentlichung steht ein Werk nicht |
| 120 | mehr allein seinem Inhaber zur Verfügung. Vielmehr tritt es |
| 121 | bestimmungsgemäß in den gesellschaftlichen Raum und kann |
| 122 | damit zu einem eigenständigen, das kulturelle und geistige |
| 123 | Bild der Zeit mitbestimmenden Faktor werden. Es löst sich |
| 124 | mit der Zeit von der privatrechtlichen Verfügbarkeit und |
| 125 | wird geistiges und kulturelles Allgemeingut.“ [Fußnote: |
| 126 | BVerfG NJW 2001, S. 598 (599), siehe auch |
| 127 | http://www.telemedicus.info/urteile/Urheberrecht/605-BVerfG- |
| 128 | Az-1-BvR-82598-Germania-3.html]. Nach Ansicht des |
| 129 | Bundesverfassungsgerichts nimmt die persönliche Beziehung |
| 130 | des Urhebers zu seinem Werk also mit der Veröffentlichung |
| 131 | ab, während das Allgemeininteresse an diesem Werk zunimmt. |
| 132 | Maßgeblicher Ausgangspunkt für das BVerfG ist jedoch stets, |
| 133 | dass das geschaffene Werk und die darin verkörperte geistige |
| 134 | Leistung in vermögensrechtlicher Hinsicht Eigentum des |
| 135 | Urhebers ist (BVerfG 31, 229, 239, 49, 382, 392). |
| 136 | Prüfungsmaßstab ist und bleibt daher primär die |
| 137 | Eigentumsgarantie des Grundgesetzes. Ein Argument für die |
| 138 | Zulässigkeit einer Beschränkung läßt sich danach nicht |
| 139 | daraus herleiten, dass eine Schranke bisher unangefochten in |
| 140 | Kraft war, denn hierdurch alleine werden sie nicht zu einem |
| 141 | allgemein anerkannten „Ausdruck sozialer Bindung des |
| 142 | Urheberrechts“ (BVerfG 31, 229, 244). Es müsse vielmehr in |
| 143 | jedem Einzelfall zu einer Güterabwägung kommen. Dabei |
| 144 | müssten die Gründe, die die Beschränkung des Urheberrechts |
| 145 | rechtfertigen sollen, umso schwerwiegender sein, je stärker |
| 146 | eine gesetzliche Vorschrift den grundrechtlich geschützten |
| 147 | Bereich berührt (BVerfG 49, 382, 400) |
| 148 | |
| 149 | Lösungsansätze bei der Ausgestaltung des Urheberrechts |
| 150 | |
| 151 | Wesentlich zur Rechtsprechung des BVerfG zu den |
| 152 | Immaterialgüterrechten erscheint, dass mit Art. 14 Abs. 1 S. |
| 153 | 2 GG der Gesetzgeber erworbene Rechte im Rahmen der Inhalts- |
| 154 | und Schrankenbestimmung umgestalten und auch einschränken |
| 155 | darf. Bei der Ausgestaltung ist der Gesetzgeber angewiesen, |
| 156 | das Ziel des komplexen Ausgleichs einer Vielzahl von |
| 157 | Interessen vor dem Hintergrund der sorgfältigen Analyse der |
| 158 | gegenwärtigen Rahmenbedingungen der Aufbereitung und des |
| 159 | Umganges mit geistigen Leistungen zu formulieren. |
| 160 | |
| 161 | Der fundamentale Umbruch der Digitalisierung bewirkt auch |
| 162 | veränderte Verhaltensmuster und Erwartungen im Umgang mit |
| 163 | Werken und Inhalten aller Art. Im Kontext des Internet, |
| 164 | insbesondere des Web 2.0 bewirkt zudem die enge Verbindung |
| 165 | aus der Kommunikationsfunktion des Mediums und den |
| 166 | Möglichkeiten der Einbeziehung und Veränderbarkeit von |
| 167 | Werkinhalten grundlegend neue Sachverhalte, bei denen das |
| 168 | überkommene Schutzkonzept des Urheberrechts nicht in |
| 169 | Widerstreit mit sachgerechten, den Ausgleich |
| 170 | verwirklichenden Lösungen geraten darf. |
| 171 | |
| 172 | Hier steht die verfassungsrechtliche Perspektive auch vor |
| 173 | einem grundlegenden rechtstatsächlichen Problem der |
| 174 | zutreffenden Erfassung der zu bewertenden Sachlage. |
| 175 | Konzeptionelle Anpassungen des Urheberrechtssystems sind |
| 176 | auch verfassungsrechtlich geboten, wo die Umsetzung der |
| 177 | Urheberrechte im Kontext des Internet in eine |
| 178 | unverhältnismäßigen Praxis mündet, insbesondere in die |
| 179 | Persönlichkeitsrechte der Nutzerinnen und Nutzer eingreift. |
| 180 | |
| 181 | Aus der Institutsgarantie ergibt sich, dass ein Urheberrecht |
| 182 | einzuführen ist. Für die Einführung von |
| 183 | Urheberrechtsschranken bestehen aber keine konkreten |
| 184 | verfassungsrechtlichen Vorgaben, weshalb auf der einen Seite |
| 185 | die Einführung flexiblerer Schranken oder einer |
| 186 | Schrankengeneralklausel unter Hinweis auf die |
| 187 | verfassungsrechtliche Zulässigkeit gefordert wird [Fußnote: |
| 188 | Siehe SV Peifer]. |
| 189 | |
| 190 | Im Rahmen der Reformdiskussion des Urheberrechts werden auf |
| 191 | der anderen Seite Behauptungen erhoben, wonach die Schaffung |
| 192 | weiterer Verfügungsrechte der Urheberinnen und Urheber |
| 193 | verfassungsrechtlich geboten sei, insgesamt seien die |
| 194 | Schranken mit Blick auf die verfassungsrechtliche Stellung |
| 195 | der Urheberinnen und Urheber eng auszulegen. |
| 196 | |
| 197 | Unter Wahrung der Institutsgarantie, des |
| 198 | Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des |
| 199 | Be-stimmtheitsgebotes, muss bei der Einführung von |
| 200 | Urheberrechtsschranken die verfassungsrechtlich geschützte |
| 201 | Position des Urhebers mit der Sozialpflichtigkeit des |
| 202 | geistigen Eigentums [Anm.: Vorläufige Formulierung] und den |
| 203 | Interessen der Allgemeinheit an freiem Zugang zu |
| 204 | urheberrechtlich geschützten Werken zu einem angemessenen |
| 205 | Ausgleich gebracht werden. |
| 206 | |
| 207 | Während also einerseits mit Verweis auf die |
| 208 | Sozialpflichtigkeit des Eigentums eine möglichst weit |
| 209 | reichende Ausgestaltung der Schranken gefordert wird, wird |
| 210 | andererseits versucht, mit Verweis auf die Eigentumsgarantie |
| 211 | der Verfassung im Gegenteil zu einer möglichst engen |
| 212 | Auslegung der Schranken zu gelangen. Die unterschiedlichen |
| 213 | politischen Positionen haben jedoch einen gemeinsamen |
| 214 | Nenner. Die eigentliche Begründung für die Schranken des |
| 215 | Urheberrechts besteht gerade in der Sozialpflichtigkeit des |
| 216 | Eigentums. |
| 217 | |
| 218 | Es besteht Einigkeit darüber, dass eine engere Auslegung von |
| 219 | Schranken ebenso verfassungsgemäß wäre wie eine weiter |
| 220 | reichende. |
| 221 | |
| 222 | Zwar kann der Gesetzgeber mit Erlaubnistatbeständen die |
| 223 | Schranken zugunsten der Nutzer erweitern, dies stellt ggf. |
| 224 | eine Inhalt- und Schrankenbestimmung dar und muss sich an |
| 225 | deren Vorrausetzungen messen lassen. Bei notwendigen |
| 226 | Rechtsänderungen kann der Gesetzgeber individuelle |
| 227 | Rechtspositionen durchaus umformen, soweit er nicht den |
| 228 | Kerngehalt der Eigentumsgarantie antastet. Von einer |
| 229 | Enteignung kann insofern nicht die Rede sein. |
| 230 | |
| 231 | Aus der schriftlichen Stellungnahme von Prof. Dr. |
| 232 | Karl-Nikolaus Peifer: |
| 233 | |
| 234 | Die Theorie der öffentlichen Güter geht vereinfacht davon |
| 235 | aus, dass unkörperliche Güter ohne Substanz- und |
| 236 | Qualitätsverlust rivalisierend genutzt und faktisch frei |
| 237 | angeeignet werden können, weil die Kosten zur Bewachung und |
| 238 | Abschottung des Gutes prohibitiv sind. Das Recht des |
| 239 | Geistigen Eigentums ist eine Reaktion auf diesen Befund. Es |
| 240 | hat erkannt, dass zwar der Vertrieb der Güter noch |
| 241 | ressourcenbeanspru¬chend ist, die Hervorbringung der Güter |
| 242 | allerdings nur noch den Inno¬vator belastet. Seine |
| 243 | Innovationskosten sind nicht amortisierbar, wenn der Inhalt |
| 244 | frei genutzt werden kann. Um die Anreize bei der Produktion |
| 245 | von immateriellen Gütern zu erhalten, ist das gesetzliche |
| 246 | Ausschlie߬lichkeitsrecht als Reaktion angebracht. Der |
| 247 | Innovator erhält durch die von diesem Recht gewährte |
| 248 | Ausschließlichkeitsfrist die Möglichkeit alleiniger |
| 249 | (kommerzieller) Nutzung und somit die Chance darauf, seine |
| 250 | Forschungs- und Entwicklungskosten durch höhere Preise zu |
| 251 | amortisie-ren. Dieser Zusammenhang ist heute unstreitig. |
| 252 | Gestritten wird darü¬ber, wie lange Amortisationsfristen |
| 253 | sein müssen und ob es Unter¬schiede je nach dem |
| 254 | voraussichtlichen Markterfolg des Angebots (z.B. Software |
| 255 | oder ernsthafte Musik) geben muss.Bei der Bereitstel-lung |
| 256 | von Angeboten tritt ein Effekt auf, der in der analogen Welt |
| 257 | keine übermäßig große Rolle von dem Moment an spielt, in dem |
| 258 | ein Ausschließlichkeitsrecht das Problem der |
| 259 | Nichtaus-schließbarkeit löst: Auch bei vorhandenem |
| 260 | rechtlichen Schutz ist die Überwachung und Abrechnung der |
| 261 | legalen Werknutzung und die Ver¬hinderung der illegalen |
| 262 | Werknutzung durch den Nutzer aufwändig und |
| 263 | kostenintensiv.[Fußnote: Stellungnahme von Prof. Dr. |
| 264 | Karl-Nikolaus Peifer zur öffentlichen Anhörung „Entwicklung |
| 265 | des Urheberrechts in der Digitalen Gesellschaft“, S. 23]. |
Der Text verglichen mit der Originalversion
| 1 | Verfassungsrecht und Urheberrecht |
| 2 | |
| 3 | Das Werk des Urhebers wird im kontinentaleuropäischen Recht |
| 4 | sowohl durch sein Persönlich-keitsrecht als auch durch das |
| 5 | Eigentumsrecht geschützt. In Deutschland wird dieser Schutz |
| 6 | damit durch Artt. 1 und 14 GG gewährleistet. Das |
| 7 | Urheberrecht ordnet neben dem Urheberpersönlichkeitsrechts |
| 8 | die vermögenswerte Seite eines Werks dem Urheber zu. Für die |
| 9 | vermögenswerte Seite eines Werkes ist Artikel 14 GG |
| 10 | einschlägig - das Eigentum wird gewährleistet. |
| 11 | |
| 12 | Bei Artikel 14 GG handelt es sich um ein sog. normgeprägtes |
| 13 | Grundrecht, d.h. es bedarf der Ausgestaltung des |
| 14 | Gesetzgebers. Der Gefahr der möglichen Aushöhlung wird mit |
| 15 | der Konstruktion der Institutsgarantie begegnet, wonach ein |
| 16 | unveränderlicher Wert des Grundrechts erhalten bleiben muss. |
| 17 | |
| 18 | Als Institutsgarantie umfasst Artikel 14 GG nach der |
| 19 | Rechtsprechung des BVerfG die Zuordnung des wirtschaftlichen |
| 20 | Nutzens eigener Arbeit im Sinne angemessener Vergütung, |
| 21 | soweit nicht Gründen des Gemeinwohls der Vorrang [Fußnote: |
| 22 | BVerfG-Zitat: „Artikel 14 GG gebietet die grundsätzliche |
| 23 | Zuordnung der schöpferischen Leistung an den Urheber im Wege |
| 24 | privatrechtlicher Normierung und sichert seine Befugnis, |
| 25 | darüber in eigener Verantwortung verfügen zu können. Aber |
| 26 | nicht jede nur denkbare Verwertungsmöglichkeit ist |
| 27 | abgesichert. Vielmehr hat der Gesetzgeber gemäß Artikel 14 |
| 28 | Abs. 1 S. 2 GG eine der Natur und der sozialen Bedeutung des |
| 29 | Urheberrechts entsprechende Nutzung und angemessene |
| 30 | Verwertung sicherzustellen; jede inhaltsbestimmende |
| 31 | gesetzliche Regelung muss den Interessen aller Beteiligten |
| 32 | Rechnung tragen; sowohl die geistig-schöpferische als auch |
| 33 | die wiederschaffende Leistung sind darauf angelegt, nach |
| 34 | einiger Zeit frei zugänglich zu werden (BVerfG 31, 275).“] |
| 35 | gebührt. |
| 36 | |
| 37 | Bestandsaufnahme |
| 38 | |
| 39 | Das Urheberrecht gleicht Eigentumsinteressen und |
| 40 | Gemeinwohlinteressen aus, indem es Schutzansprüche mit |
| 41 | Schrankenregelungen kombiniert. So wird der |
| 42 | Sozialpflichtigkeit des Eigentums Rechnung getragen, dadurch |
| 43 | dass „der Träger eines vermögenswerten Rechts die |
| 44 | Beschränkungen gefallen lassen muss, die in Bezug auf sein |
| 45 | Recht üblich, sozialadäquat und zumutbar sind“ [Fußnote: |
| 46 | Maunz, Theodor: „Das geistige Eigentum in |
| 47 | verfassungsrechtlicher Sicht“, GRUR 1973, S. 107ff.]. Das |
| 48 | Bundesverfassungsgericht hat zudem ein schutzwürdiges |
| 49 | Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst ungehinderten |
| 50 | Nutzung von Werken ausdrücklich anerkannt, allerdings muss |
| 51 | ein gesteigertes öffentliches Interesse vorliegen [Fußnote: |
| 52 | BVerfGE 31, 229 (Leitsatz).]. Die Interessen der |
| 53 | Allgemeinheit sind verfassungsrechtlich durch Art 14 Abs. 2 |
| 54 | GG geschützt und setzen insofern der Ausgestaltung des |
| 55 | Eigentumsrechts Grenzen [Fußnote: BVerfGE95, 64 (84)]. |
| 56 | |
| 57 | Zur Abwägung zwischen Vermögensinteressen und |
| 58 | Gemeinwohlinteressen hat sich das Bundesverfassungsgericht |
| 59 | in seiner Entscheidung „Kirchen- und Schulgebrauch“ wie |
| 60 | folgt geäußert: Erstens sei das Urheberrecht als |
| 61 | Nutzungsrecht Eigentum im Sinne des Grundgesetzes. Zweitens |
| 62 | müsse deshalb „die grundsätzliche Zuordnung des |
| 63 | wirtschaftlichen Wertes eines geschützten Werkes an den |
| 64 | Urheber“ sichergestellt werden. Drittens rechtfertige es das |
| 65 | „Interesse der Allgemeinheit an einem ungehinderten Zugang |
| 66 | zu den Kulturgütern“, wenn bestimmte Nutzungen auch ohne die |
| 67 | Genehmigung des Urhebers möglich seien, sofern dieser eine |
| 68 | Vergütung erhalte [Fußnote: BVerfGE 31, S. 229, siehe auch |
| 69 | http://www.telemedicus.info/urteile/Urheberrecht/754-BVerfG- |
| 70 | Az-1-BvR-76566-Schulbuchprivileg.html]. |
| 71 | |
| 72 | Allerdings sind Ausschließlichkeitsrecht und |
| 73 | Vergütungsanspruch nicht gleichrangig. Der urheberrechtliche |
| 74 | Normalfall ist im geltenden Urheberrecht das |
| 75 | Ausschließlichkeitsrecht: Der Urheber kann selbst darüber |
| 76 | entscheiden, wer sein Werk zu welchen Konditionen nutzen |
| 77 | darf. Nur in Ausnahmefällen (Schranken) wird ihm dieses |
| 78 | Verbotsrecht genommen. Ihm verbleibt dann jedoch in aller |
| 79 | Regel ein Anspruch auf eine Vergütung. Hat er also keine |
| 80 | Möglichkeit mehr, die Nutzung seines Werks zu untersagen, so |
| 81 | soll ihm wenigstens eine finanzielle Kompensation |
| 82 | verbleiben. Gleichwohl ist es möglich, dass auch der |
| 83 | Vergütungsanspruch entfällt, wie etwa beim Zitatrecht. Dies |
| 84 | muss dann allerdings durch ein besonders starkes |
| 85 | Gemeinwohlinteresse begründbar sein [Fußnote: BVerfGE 79, S. |
| 86 | 29]. |
| 87 | |
| 88 | Die Schranken (z.B. Schutzfristen, Zitiergebot usw.) sind |
| 89 | Ausdruck des Interessenausgleichs zwischen Urhebern, |
| 90 | Verwertern und Nutzern und werden durch den Gesetzgeber |
| 91 | ausgestaltet. Sie sind nicht konkret durch das Grundgesetz |
| 92 | vorgegeben, sondern richten sich nach Eingriffsintensität |
| 93 | und Verhältnismäßigkeit. |
| 94 | |
| 95 | Neben den die Verwertungsrechte betreffenden |
| 96 | eigentumsrechtlichen Belangen sind persönlichkeitsrechtliche |
| 97 | Aspekte von Interesse. Das Urheberpersönlichkeitsrecht wird |
| 98 | üblicherweise aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht |
| 99 | hergeleitet und soll den Urheber „in seinen geistigen und |
| 100 | persönlichen Beziehungen zum Werk“ schützen, wie es in §11 |
| 101 | UrhG heißt. Aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht wird |
| 102 | beispielsweise das Recht auf Namensnennung abgeleitet oder |
| 103 | auch das Recht, sich gegen Entstellungen des Werks zur Wehr |
| 104 | zu setzen. |
| 105 | |
| 106 | Verfassungsrechtlich besteht der Schutzauftrag des Staates |
| 107 | darin, Beeinträchtigungen des allgemeinen |
| 108 | Persönlichkeitsrechts durch Dritte vorzubeugen. Zur |
| 109 | Beurteilung von Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte wird |
| 110 | in der Regel zunächst nach deren Intensität gefragt. Eine |
| 111 | Beeinträchtigung der Intimsphäre wiegt schwerer als eine der |
| 112 | Privatsphäre. Eine entsprechende Abwägung liegt auch für |
| 113 | Verletzungen des Urheberpersönlichkeitsrechts nahe. |
| 114 | |
| 115 | Ein wichtiges Indiz für die Beurteilung der Intensität von |
| 116 | Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte ist in der |
| 117 | Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Akt der |
| 118 | Erstveröffentlichung. In einem einschlägigen Urteil dazu |
| 119 | heißt es: „Mit der Veröffentlichung steht ein Werk nicht |
| 120 | mehr allein seinem Inhaber zur Verfügung. Vielmehr tritt es |
| 121 | bestimmungsgemäß in den gesellschaftlichen Raum und kann |
| 122 | damit zu einem eigenständigen, das kulturelle und geistige |
| 123 | Bild der Zeit mitbestimmenden Faktor werden. Es löst sich |
| 124 | mit der Zeit von der privatrechtlichen Verfügbarkeit und |
| 125 | wird geistiges und kulturelles Allgemeingut.“ [Fußnote: |
| 126 | BVerfG NJW 2001, S. 598 (599), siehe auch |
| 127 | http://www.telemedicus.info/urteile/Urheberrecht/605-BVerfG- |
| 128 | Az-1-BvR-82598-Germania-3.html]. Nach Ansicht des |
| 129 | Bundesverfassungsgerichts nimmt die persönliche Beziehung |
| 130 | des Urhebers zu seinem Werk also mit der Veröffentlichung |
| 131 | ab, während das Allgemeininteresse an diesem Werk zunimmt. |
| 132 | Maßgeblicher Ausgangspunkt für das BVerfG ist jedoch stets, |
| 133 | dass das geschaffene Werk und die darin verkörperte geistige |
| 134 | Leistung in vermögensrechtlicher Hinsicht Eigentum des |
| 135 | Urhebers ist (BVerfG 31, 229, 239, 49, 382, 392). |
| 136 | Prüfungsmaßstab ist und bleibt daher primär die |
| 137 | Eigentumsgarantie des Grundgesetzes. Ein Argument für die |
| 138 | Zulässigkeit einer Beschränkung läßt sich danach nicht |
| 139 | daraus herleiten, dass eine Schranke bisher unangefochten in |
| 140 | Kraft war, denn hierdurch alleine werden sie nicht zu einem |
| 141 | allgemein anerkannten „Ausdruck sozialer Bindung des |
| 142 | Urheberrechts“ (BVerfG 31, 229, 244). Es müsse vielmehr in |
| 143 | jedem Einzelfall zu einer Güterabwägung kommen. Dabei |
| 144 | müssten die Gründe, die die Beschränkung des Urheberrechts |
| 145 | rechtfertigen sollen, umso schwerwiegender sein, je stärker |
| 146 | eine gesetzliche Vorschrift den grundrechtlich geschützten |
| 147 | Bereich berührt (BVerfG 49, 382, 400) |
| 148 | |
| 149 | Lösungsansätze bei der Ausgestaltung des Urheberrechts |
| 150 | |
| 151 | Wesentlich zur Rechtsprechung des BVerfG zu den |
| 152 | Immaterialgüterrechten erscheint, dass mit Art. 14 Abs. 1 S. |
| 153 | 2 GG der Gesetzgeber erworbene Rechte im Rahmen der Inhalts- |
| 154 | und Schrankenbestimmung umgestalten und auch einschränken |
| 155 | darf. Bei der Ausgestaltung ist der Gesetzgeber angewiesen, |
| 156 | das Ziel des komplexen Ausgleichs einer Vielzahl von |
| 157 | Interessen vor dem Hintergrund der sorgfältigen Analyse der |
| 158 | gegenwärtigen Rahmenbedingungen der Aufbereitung und des |
| 159 | Umganges mit geistigen Leistungen zu formulieren. |
| 160 | |
| 161 | Der fundamentale Umbruch der Digitalisierung bewirkt auch |
| 162 | veränderte Verhaltensmuster und Erwartungen im Umgang mit |
| 163 | Werken und Inhalten aller Art. Im Kontext des Internet, |
| 164 | insbesondere des Web 2.0 bewirkt zudem die enge Verbindung |
| 165 | aus der Kommunikationsfunktion des Mediums und den |
| 166 | Möglichkeiten der Einbeziehung und Veränderbarkeit von |
| 167 | Werkinhalten grundlegend neue Sachverhalte, bei denen das |
| 168 | überkommene Schutzkonzept des Urheberrechts nicht in |
| 169 | Widerstreit mit sachgerechten, den Ausgleich |
| 170 | verwirklichenden Lösungen geraten darf. |
| 171 | |
| 172 | Hier steht die verfassungsrechtliche Perspektive auch vor |
| 173 | einem grundlegenden rechtstatsächlichen Problem der |
| 174 | zutreffenden Erfassung der zu bewertenden Sachlage. |
| 175 | Konzeptionelle Anpassungen des Urheberrechtssystems sind |
| 176 | auch verfassungsrechtlich geboten, wo die Umsetzung der |
| 177 | Urheberrechte im Kontext des Internet in eine |
| 178 | unverhältnismäßigen Praxis mündet, insbesondere in die |
| 179 | Persönlichkeitsrechte der Nutzerinnen und Nutzer eingreift. |
| 180 | |
| 181 | Aus der Institutsgarantie ergibt sich, dass ein Urheberrecht |
| 182 | einzuführen ist. Für die Einführung von |
| 183 | Urheberrechtsschranken bestehen aber keine konkreten |
| 184 | verfassungsrechtlichen Vorgaben, weshalb auf der einen Seite |
| 185 | die Einführung flexiblerer Schranken oder einer |
| 186 | Schrankengeneralklausel unter Hinweis auf die |
| 187 | verfassungsrechtliche Zulässigkeit gefordert wird [Fußnote: |
| 188 | Siehe SV Peifer]. |
| 189 | |
| 190 | Im Rahmen der Reformdiskussion des Urheberrechts werden auf |
| 191 | der anderen Seite Behauptungen erhoben, wonach die Schaffung |
| 192 | weiterer Verfügungsrechte der Urheberinnen und Urheber |
| 193 | verfassungsrechtlich geboten sei, insgesamt seien die |
| 194 | Schranken mit Blick auf die verfassungsrechtliche Stellung |
| 195 | der Urheberinnen und Urheber eng auszulegen. |
| 196 | |
| 197 | Unter Wahrung der Institutsgarantie, des |
| 198 | Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des |
| 199 | Be-stimmtheitsgebotes, muss bei der Einführung von |
| 200 | Urheberrechtsschranken die verfassungsrechtlich geschützte |
| 201 | Position des Urhebers mit der Sozialpflichtigkeit des |
| 202 | geistigen Eigentums [Anm.: Vorläufige Formulierung] und den |
| 203 | Interessen der Allgemeinheit an freiem Zugang zu |
| 204 | urheberrechtlich geschützten Werken zu einem angemessenen |
| 205 | Ausgleich gebracht werden. |
| 206 | |
| 207 | Während also einerseits mit Verweis auf die |
| 208 | Sozialpflichtigkeit des Eigentums eine möglichst weit |
| 209 | reichende Ausgestaltung der Schranken gefordert wird, wird |
| 210 | andererseits versucht, mit Verweis auf die Eigentumsgarantie |
| 211 | der Verfassung im Gegenteil zu einer möglichst engen |
| 212 | Auslegung der Schranken zu gelangen. Die unterschiedlichen |
| 213 | politischen Positionen haben jedoch einen gemeinsamen |
| 214 | Nenner. Die eigentliche Begründung für die Schranken des |
| 215 | Urheberrechts besteht gerade in der Sozialpflichtigkeit des |
| 216 | Eigentums. |
| 217 | |
| 218 | Es besteht Einigkeit darüber, dass eine engere Auslegung von |
| 219 | Schranken ebenso verfassungsgemäß wäre wie eine weiter |
| 220 | reichende. |
| 221 | |
| 222 | Zwar kann der Gesetzgeber mit Erlaubnistatbeständen die |
| 223 | Schranken zugunsten der Nutzer erweitern, dies stellt ggf. |
| 224 | eine Inhalt- und Schrankenbestimmung dar und muss sich an |
| 225 | deren Vorrausetzungen messen lassen. Bei notwendigen |
| 226 | Rechtsänderungen kann der Gesetzgeber individuelle |
| 227 | Rechtspositionen durchaus umformen, soweit er nicht den |
| 228 | Kerngehalt der Eigentumsgarantie antastet. Von einer |
| 229 | Enteignung kann insofern nicht die Rede sein. |
| 230 | |
| 231 | Aus der schriftlichen Stellungnahme von Prof. Dr. |
| 232 | Karl-Nikolaus Peifer: |
| 233 | |
| 234 | Die Theorie der öffentlichen Güter geht vereinfacht davon |
| 235 | aus, dass unkörperliche Güter ohne Substanz- und |
| 236 | Qualitätsverlust rivalisierend genutzt und faktisch frei |
| 237 | angeeignet werden können, weil die Kosten zur Bewachung und |
| 238 | Abschottung des Gutes prohibitiv sind. Das Recht des |
| 239 | Geistigen Eigentums ist eine Reaktion auf diesen Befund. Es |
| 240 | hat erkannt, dass zwar der Vertrieb der Güter noch |
| 241 | ressourcenbeanspru¬chend ist, die Hervorbringung der Güter |
| 242 | allerdings nur noch den Inno¬vator belastet. Seine |
| 243 | Innovationskosten sind nicht amortisierbar, wenn der Inhalt |
| 244 | frei genutzt werden kann. Um die Anreize bei der Produktion |
| 245 | von immateriellen Gütern zu erhalten, ist das gesetzliche |
| 246 | Ausschlie߬lichkeitsrecht als Reaktion angebracht. Der |
| 247 | Innovator erhält durch die von diesem Recht gewährte |
| 248 | Ausschließlichkeitsfrist die Möglichkeit alleiniger |
| 249 | (kommerzieller) Nutzung und somit die Chance darauf, seine |
| 250 | Forschungs- und Entwicklungskosten durch höhere Preise zu |
| 251 | amortisie-ren. Dieser Zusammenhang ist heute unstreitig. |
| 252 | Gestritten wird darü¬ber, wie lange Amortisationsfristen |
| 253 | sein müssen und ob es Unter¬schiede je nach dem |
| 254 | voraussichtlichen Markterfolg des Angebots (z.B. Software |
| 255 | oder ernsthafte Musik) geben muss.Bei der Bereitstel-lung |
| 256 | von Angeboten tritt ein Effekt auf, der in der analogen Welt |
| 257 | keine übermäßig große Rolle von dem Moment an spielt, in dem |
| 258 | ein Ausschließlichkeitsrecht das Problem der |
| 259 | Nichtaus-schließbarkeit löst: Auch bei vorhandenem |
| 260 | rechtlichen Schutz ist die Überwachung und Abrechnung der |
| 261 | legalen Werknutzung und die Ver¬hinderung der illegalen |
| 262 | Werknutzung durch den Nutzer aufwändig und |
| 263 | kostenintensiv.[Fußnote: Stellungnahme von Prof. Dr. |
| 264 | Karl-Nikolaus Peifer zur öffentlichen Anhörung „Entwicklung |
| 265 | des Urheberrechts in der Digitalen Gesellschaft“, S. 23]. |
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