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Zweitveröffentlichungsrecht für Wissenschaft


Es wird vorgeschlagen, den § 38 UrhG um folgenden neuen Absatz 3 zu ergänzen: "An wissenschaftlichen Beiträgen, die im Rahmen einer überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanzierten Lehr- und Forschungstätigkeit entstanden sind und in Sammlungen erscheinen, hat der Urheber auch bei Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts das Recht, sein Werk längstens nach Ablauf von sechs Monaten seit Erstveröffentlichung anderweitig öffentlich zugänglich zu machen, soweit dies zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist. Dieses Recht kann nicht abbedungen werden.“ Ich bin der Überzeugung, dass damit die wissenschaftliche Kommunikation an Hochschulen und Forschungseinrichtungen erheblich gefördert wird, was einen stimulierenden Effekt für Innovationen in Wissenschaft und Forschung zur Folge hat. Das Zweitveröffentlichungsrecht dient so den am Gemeinwohl orientierten Interessen von Wissenschaft und Forschung an einem möglichst raschen Zugang zu neuen, aus Steuergeldern finanzierten Erkenntnissen und fördert die technologische Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland. Zugleich wird die rechtliche Position der wissenschaftlichen Autoren gestärkt und damit ein Beitrag zur Umsetzung einer der Ziele des Koalitionsvertrags vom 11. November 2009 geleistet.


Diskussionen

  • Ich finde das sinnvoll.

    Aber als advocatus diaboli gefragt:

    1. Warum zunächst zulassen, daß ein ausschließliches Nutzungsrecht eingeräumt wird, und dann dies für ungültig erklären? Warum nicht direkt untersagen, daß Ergebnisse öffentlich finanzierter Forschung per ausschließlichem Nutzungsrecht kommerziellen Verwertern zugute kommen?

    2. Nach meiner Erfahrung werden solche ausschließlichen Nutzungsrechte vor allem für ausländische Publikationen verlangt. Wie würde sich ein entsprechendes deutsches Gesetz dazu verhalten?

  • Eckhard_Hoeffner ist dafür
    +3

    Der Vorschlag weist allgemein in die richtige Richtung. Man sollte sich überlegen, ob man diese Regel nicht allgemein zum Grundsatz des gesamten Urheberrechts erhebt. Hierzu müssten allerdings die Bedingungen, also (i) überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanzierte wissenschaftliche Beiträge und (ii) soweit dies zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist, streichen.

    Das Argument, der Urheber habe bereits jetzt die Möglichkeit im Rahmen der Vertragsfreiheit entsprechende Möglichkeiten, überzeugt mich nicht. Ich möchte die Gründe hierfür nicht im Detail ausführen, sondern nur kurz: Die Vertragsfreiheit findet auf längere Sicht nur in einem Rahmen statt, dessen Grenzen von der Marktlage vorgegeben wird. Wenn diese zu unbefriedigenden Ergebnissen führt, dann liegt das im Bereich des Urheberrechts vor allem daran, dass das Ausnützen der Vertragsfreiheit aufgrund der urheberrechtlich vorgegebenen Umstände dieses Ergebnis herbeiführt. Man muss sich auch darüber im Klaren sein, dass der Markt für geistige Güter kein Gütermarkt ist, sondern ein Rechtemarkt. Gehandelt werden am Markt keine Güter, sondern Rechte (in erster Linie Monopole). Deshalb sind die wirtschaftlichen Vorstellungen, die man gemeinhin mit dem Markt verbindet (Effizienz, Allokation etc.), nicht übertragbar.

  • michaelkluck ist dafür
    +1

    Diese Forderung ist eine Minimum an Schutz gegenüber den verbreiteten Knebelverträgen der Verlage gegenüber den den eigentlichen Urhebern (den Autoren). Außerdem werden so eine zeitnahe offene Kommunikation über wissenschaftliche Ergebnisse und ihre Verbreitung gefördert.

  • Nicole Simon SV ist dagegen
    +1

    Dagegen weil: Der Urheber hat schon heute die Möglichkeit, das ausschließliche Nutzungsrecht zeitlich zu begrenzen. Dieses Recht kann auch heute nicht abbedungen werden - es ist nur so, daß die Leute das eben unbegrenzter einräumen (müssen).

    Auch dagegen weil es mir nicht weit genug geht: Was mit öffentlichen Geldern finanziert wird, hat der Öffentlichkeit (und damit auch wieder dem Urhheber) frei zur Verfügung zu stehen.

    • Sehe ich auch so. Der alternative, umfassendere Vorschlag gefällt mir deshalb weitaus besser und ich bitte alle einen Blick darauf zu werfen.

      • Sehe ich nicht so. Mir ist der alternative umfassendere Vorschlag zu pauschal und undurchdacht (siehe mein Kommentar dort). Ich finde diesen Vorschlag spezifischer, da er nur auf das wissenschaftliche Publizieren zugeschnitten ist.

        Nicole Simons Satz "Dieses Recht kann auch heute nicht abbedungen werden - es ist nur so, daß die Leute das eben unbegrenzter einräumen (müssen)." ist in sich widersprüchlich, denn wenn heute Wissenschaftler einem Verlag ein unbegrenztes Verwertungsrecht einräumen müssen, dann IST das Nutzungsrecht abbedungen. Die Frage ist, welcher Verlag dann noch Autorenverträge macht, wenn er das Verwertungsrecht nur 6 Monate hält, es also oft schon zum Zeitpunkt des Erscheinens der Publikation schon erloschen ist.

        Vielleicht ist es konsequenter, dass die Verwertung für nicht-kommerzielle (insb. wissenschaftliche) Zwecke ohne Frist grundsätzlich nicht abbedungen werden kann? Verlage können dann nur noch in dem Maße Geld verdienen, wie ihr erzeugter Mehrwert (z.B. Qualitätssicherung durch Review-Prozess) wertgeschätzt wird.

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