1.10 (Neue Regelungsansätze)

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    1 Neue Regelungsansätze im Urheberrecht
    2
    3 Derzeit wird in der politischen und der Fachöffentlichkeit
    4 sehr grundsätzlich über die Frage gestritten, ob und ggf.
    5 wie das Immaterialgüterrecht konzeptionell verändert werden
    6 muss, um den Herausforderungen der Wissensgesellschaft
    7 gewachsen zu sein. Die Debatte ist eng verbunden mit der
    8 Frage, ob eine Fixierung des Urheberrechts auf den Schöpfer
    9 weiter sachgerecht ist oder eine eher an dem Ausgleich
    10 unterschiedlicher Interessen orientierte Konzeption
    11 vorzugswürdig erscheint (s.o. zum Begriff geistiges
    12 Eigentum).
    13
    14 Ein Anlass für das Nachdenken ist, dass einige einen
    15 Akzeptanzverlust des Urheberrechts beobachten und daraus
    16 sogar eine Legitimationskrise ableiten (vgl. etwa Lehmann
    17 und Hansen). Andere sehen diese Akzeptanzprobleme nicht
    18 oder aber sie betonen, dass Aufgabe der Politik sein müsse,
    19 diese Akzeptanz wieder herzustellen. Vor diesem Hintergrund
    20 (aber keineswegs immer unter Bezug auf die Ziele des
    21 Immaterialgüterrechts) werden auf unterschiedlichen Ebenen
    22 konzeptionelle Veränderungen vorgeschlagen, von denen
    23 einige gewichtige im Folgenden dargestellt werden.
    24
    25 Ansätze zur Veränderung der Grundkonzeption des
    26 Immaterialgüterrechts
    27
    28 Neujustierung des Interessenausgleichs
    29
    30 Ausgehend von der Beobachtung, dass eine Konzeption, die
    31 ursprünglich für künstlerische Schöpfungen gedacht war,
    32 angesichts der Veränderung der Produktion von Kreativgütern
    33 immer stärker auch auf technisch-funktionale Werkformen
    34 anwendbar ist, kommen wissenschaftliche Überlegungen zu dem
    35 Schluss, stärker zwischen dem ideellen und materiellen
    36 Schutz zu unterscheiden (Kreutzer). Mit einer solchen
    37 Konzeption wäre jedenfalls im Bereich des materiellen
    38 Schutzes eine tendenzielle Verschiebung der Perspektive vom
    39 Schutz des Urhebers zum Schutz des Erzeugnisses verbunden.
    40
    41 Parallel dazu existieren Überlegungen, in die Konzeption
    42 des Immaterialgüterrechts einzuschreiben, dass das
    43 Interesse an einer Werknutzung als eigenständiges – oder
    44 sogar mit dem Interesse des Schutzes des Schöpfers
    45 gleichwertiges – Interesse in die Konzeption eingezogen
    46 wird (etwa der ehem. Hamburger Justizsenator Steffen).
    47
    48 Diesen Überlegungen wird entgegengehalten, dass sie Belege
    49 für die strukturellen Veränderungen im Bereich der
    50 Produktion von Kreativgütern schuldig bleiben, die einen
    51 Konzeptwechsel rechtfertigen. Zudem wird angemerkt, dass
    52 ein Akzeptanzverlust nicht zu beobachten sei (also etwa
    53 sehr wohl auch Urheberrechtsverletzer häufig die rechtliche
    54 Situation akzeptieren, aber dennoch eigennützig und nicht
    55 entsprechend handeln) [Fußnote: Vgl. OECD, Piracy of
    56 digital content, 2009, Rz. 148 ff.].
    57
    58 In eine ähnliche Richtung gehen Vorschläge, die eine
    59 stärkere Ausdifferenzierung des Urheberrechts nach
    60 unterschiedlichen Werktypen und den damit verbundenen
    61 Interessenlagen fordern. Wissenschaftlich wird dies unter
    62 dem Stichwort „Modularisierung“ oder „Maßgeschneidertes
    63 Urheberrecht (tailormade copyright)“ verhandelt (vgl. etwa
    64 Grosheide).
    65
    66 Faktisch enthält das deutsche Immaterialgüterrecht bereits
    67 solche maßgeschneiderten Lösungen. So gibt es
    68 bereichsspezifische Schutzrechte in Form einzelner
    69 Leistungsschutzrechte und eine Einzelaufzählung inhaltlich
    70 eng begrenzter Schrankenbestimmungen. Vorschläge etwa der
    71 Verleger im Hinblick auf ein neues, speziell für
    72 Presseerzeugnisse geltendes Leistungsschutzrecht würden
    73 dieses Spektrum erweitern.
    74
    75 Zu beobachten ist zudem, dass sich – auch mit Relevanz für
    76 andere Rechtsbereiche – mit dem Aufkommen von
    77 Internet-Kommunikation „Öffentlichkeit“ verändert hat.
    78
    79 Wenn beispielsweise ein Nutzer ein Foto seines
    80 Lieblingsstars auf seiner Profilseite in einem sozialen
    81 Netzwerk postet, begeht er damit im Zweifelsfall eine
    82 Urheberrechtsverletzung. Vorausgesetzt, sein Profil ist
    83 mehr als nur einer kleinen Zahl von persönlichen Bekannten
    84 zugänglich, hätte er nach geltendem Recht nämlich die
    85 Bildrechte beim Fotografen erwerben müssen. Der Grund dafür
    86 ist, dass das Profil in diesem Fall als öffentlich gilt,
    87 auch wenn der einzelne Nutzer es womöglich als reine
    88 Privatangelegenheit empfindet. Während man also einerseits
    89 feststellen kann, dass sich mit dem Internet eine neue Form
    90 von Öffentlichkeit gebildet hat, die parallel zur „alten“,
    91 massenmedialen Öffentlichkeit besteht, hat sich
    92 andererseits diese Sphäre zugleich stark ausdifferenziert.
    93 Ähnlich dem Vorgang, den Jürgen Habermas einst als
    94 Strukturwandel der Öffentlichkeit bezeichnete, haben sich
    95 im Netz neue Teilbereiche von Öffentlichkeit
    96 herausgebildet, die subjektiv als privat empfunden werden,
    97 juristisch jedoch nach wie vor dem Bereich der
    98 Öffentlichkeit zugerechnet werden. Das Recht hat also mit
    99 diesem neuen Strukturwandel nicht Schritt gehalten.
    100
    101 Dies führt zu erheblichen Problemen. Aus der Perspektive
    102 der Rechteinhaber stellt die Veröffentlichung von
    103 urheberrechtlich geschütztem Material im Kontext dieser
    104 neuen, semi-privaten Öffentlichkeitsräume eine vielfache
    105 Rechtsverletzung dar. Sie weisen etwa darauf hin, dass
    106 hundertfache Kontakte in sozialen Netzwerken, auch wenn sie
    107 „Freunde“ genannt werden, nicht der Privatsphäre zuzuordnen
    108 seien. Dem wird entgegengehalten, dass solche „privaten
    109 Öffentlichkeiten“ gleichwohl auch in urheberrechtlicher
    110 Hinsicht von der alten, massenmedialen Öffentlichkeit
    111 unterschieden werden müssten, wozu das Recht bislang noch
    112 nicht in der Lage ist. Der Ausgleich zwischen den
    113 Schutzinteressen von Rechteinhabern und den
    114 Zugangsinteressen von Nutzern müsse für solche neuen Arten
    115 von Öffentlichkeit anders ausgestaltet werden.
    116
    117 In engem Zusammenhang damit stehen Überlegungen, denen
    118 zufolge ein für die digitale Gesellschaft zeitgemäßes
    119 Urheberrecht stärker zwischen kommerziellen und
    120 nicht-kommerziellen Nutzungen unterscheiden müsste. Während
    121 der Unterschied zwischen privatem und gewerblichem Handeln
    122 in anderen Rechtsgebieten extrem relevant ist,
    123 unterscheidet das Urheberrecht im Großen und Ganzen nur
    124 zwischen privat und öffentlich. Den tatsächlichen
    125 Nutzungsgewohnheiten wird dies nicht mehr gerecht, und auch
    126 der vermeintliche oder tatsächliche Schaden für die
    127 Rechteinhaber lässt sich ohne eine solche Differenzierung
    128 kaum sinnvoll abschätzen.
    129
    130 Schranken des Urheberrechts und Interessen Dritter
    131
    132 Nach der derzeitigen Konzeption des deutschen Urheber- und
    133 Leistungsschutzrechts sind die Schranken der systematische
    134 Ort, an dem Interessen Dritter oder der Allgemeinheit zur
    135 Geltung kommen. Sie bieten die Möglichkeit, auch den
    136 verfassungsrechtlich gebotenen Ausgleich der Interessen
    137 herzustellen, wenn etwa auf der Seite der Werknutzer
    138 verfassungsrechtlich geschützte Positionen wie etwa die
    139 Meinungsfreiheit oder die Medienfreiheiten aus Art. 5 Abs.
    140 1 GG für eine freie Zugänglichkeit streiten.
    141
    142 Der deutsche Gesetzgeber ist hier nicht zuletzt an Recht
    143 der Europäischen Union gebunden; so sind die
    144 Schrankenbestimmungen zur Ausnahme beim
    145 Vervielfältigungsrecht und dem Recht der öffentlichen
    146 Wiedergabe in der Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter
    147 Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte
    148 in der Informationsgesellschaft (2001/29/EG) abschließend
    149 geregelt. Allerdings ist auf europäischer Ebene wiederholt
    150 die Frage aufgeworfen worden, ob diese Richtlinie nicht
    151 erneut „aufgeschnürt“ und überarbeitet werden müsste.
    152
    153 Nach der wohl herrschenden Auffassung in der
    154 Rechtswissenschaft sind die Schrankenbestimmungen
    155 grundsätzlich eng auszulegen, wobei dies nicht bedeutet,
    156 dass die jeweils urheberfreundlichste denkbare Auslegung
    157 zugrunde zu legen ist.
    158
    159 In der politischen sowie der Fachdiskussion sind
    160 Erweiterungen im Bereich des Schrankenkatalogs in der
    161 Diskussion. So hat etwa das Aktionsbündnis „Urheberrecht
    162 für Bildung und Wissenschaft“, ein Zusammenschluss nahezu
    163 aller maßgeblichen deutschen Wissenschaftsorganisationen
    164 und vieler renommierter Forscher, vorgeschlagen, eine
    165 allgemeine Bildungs- und Wissenschaftsschranke im
    166 Urheberrecht einzuführen. Diese könnte die bisherigen
    167 kleinteiligen und höchst komplizierten Schrankenlösungen,
    168 zum Beispiel in den Paragraphen 52a, 52b, 53 und 53a
    169 ersetzen. Auf europäsicher Ebene ist seit Längerem eine
    170 Schranke für derivatives Werkschaffen im Zusammenhang mit
    171 user-generated content im Gespräch, durch die Remixes und
    172 Mash-ups entkriminalisiert werden könnten. Last, not least
    173 legen die obigen Ausführungen zur zunehmend problematischen
    174 Trennung von Öffentlichkeit und Privatsphäre nahe,
    175 Schranken für bestimmte nichtkommerzielle Nutzungsarten
    176 einzuführen.
    177
    178 Insbesondere die mehrfach geänderte Schranke der
    179 „Privatkopie“ ist für den Bereich des Internet relevant und
    180 weiterhin hoch umstritten, ob sie in der aktuellen Fassung
    181 zu einem sachgerechten Interessenausgleich führt. Unter dem
    182 Punkt „Schranken“ wird auf diese Diskussion näher
    183 eingegangen.
    184
    185 Darüber hinaus wird diskutiert, inwieweit das europäische
    186 System eines abgeschlossenen Schrankenkatalogs angesichts
    187 raschen Wandels von Nutzungsweisen nicht einem eher
    188 generalklauselartig konstruierten System unterlegen ist.
    189 Letzteres findet sich im anglo-amerikanischen
    190 Copyrightsystem in Form der Fair-Use-Klausel, die
    191 allerdings über unterschiedliche „Tests“ wiederum
    192 Teilregelungen kennt, die schrankenartigen Charakter haben.
    193 Es bleibt die Beobachtung, dass damit den Gerichten etwa in
    194 den USA größerer Spielraum zur Anpassung verbleibt und
    195 damit die übergeordnete Frage, auf welcher Ebene eigentlich
    196 welche Fragen des Interessenausgleichs sachgerecht
    197 erarbeitet werden können.
    198 Indes geht mit derartigen Generalklauseln notwendig ein
    199 gewisses Maß an Rechtsunsicherheit einher. Mittelweg wäre
    200 beispielsweise eine Generalklausel mit nicht abschließend
    201 aufgezählten Regelbeispielen, die eine gewisse Leitlinie
    202 vorgeben. Dieser Weg wurde im Ansatz bei der letzten
    203 Neuformulierung der Zitatschranke des § 51 UrhG verfolgt,
    204 die insoweit für neu auftretende Zitatformen geöffnet wurde.
    205
    206 Insgesamt wirft dies die Frage auf, ob bei der
    207 (Urheberrechts-) Gesetzgebung ein bewusst breiter Rahmen
    208 Einzelfallregelungen vorgezogen werden sollte. Einer eher
    209 langfristigen Gesetzgebung stehen derzeit sehr kurzfristige
    210 Änderungen technischer und gesellschaftlicher Realitäten
    211 gegenüber. So eilt die Gesetzgebung bei Weiterverfolgung
    212 der Regelungen enger Einzelfälle ständig Neuerungen
    213 hinterher, anstatt durch weiter gefasste Formulierung und
    214 Vorgabe von Leitgedanken auch diese mit zu erfassen.
    215
    216 Neben der grundsätzlichen Frage einer eher flexiblen oder
    217 eher einzelfallbezogenen Ausgestaltung stellt sich bei den
    218 Schranken im digitalen Bereich stets auch die Frage ihrer
    219 Durchsetzbarkeit: einerseits im Hinblick auf
    220 Lizenzbestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
    221 (siehe hierzu den Text zu privatwirtschaftlichen
    222 Lizenzverträgen), andererseits im Hinblick auf den Vorrang
    223 von technischen Schutzmaßnahmen. So kann beispielsweise ein
    224 Kopierschutz, der nicht umgangen werden darf, in der Praxis
    225 zu einer „Aushebelung“ der urheberrechtlich legitimierten
    226 Privatkopie führen. Ebenfalls problematisch ist das
    227 Verhältnis der Leistungsschutzrechte zu urheberrechtlichen
    228 Schranken. Wenn etwa ein gemeinfreies Werk von einem
    229 privaten Unternehmen digitalisiert wird, ist grundsätzlich
    230 nicht ausgeschlossen, dass das betreffende Unternehmen an
    231 dem Digitalisat neue Schutzrechte erwirbt. Kritiker sehen
    232 hierin die Gefahr einer Remonopolisierung von Gemeingütern
    233 in privater Hand.
    234
    235 Rechtsdurchsetzung
    236
    237 Verbesserung der Mechanismen der Rechtsdurchsetzung
    238
    239 Sehr deutlich werden die unterschiedlichen
    240 Entwicklungsoptionen des Immaterialgüterrechts, wenn die
    241 Diskussion um die Durchsetzung bei Verstößen gegen
    242 immaterialgüterrechtliche Regelungen kreist. Für einige
    243 manifestiert sich in den Verstößen die mangelnde Akzeptanz
    244 und damit mangelnde Berechtigung des Immaterialgüterrechts
    245 an der betreffenden Stelle. Konsequenter Weise muss auf der
    246 Grundlage derartiger Positionen der Rechtsschutz verkürzt
    247 oder die Schranken ausgeweitet werden. (Überblick bei
    248 Schulz/Büchner). Auf der anderen Seite wird der Ruf nach
    249 einer besseren Rechtsdurchsetzung laut, die wiederum auf
    250 ganz unterschiedlichen Ebenen erfolgen kann:
    251
    252  - Eine Ebene ist, dass die Akzeptanz für das Urheberrecht
    253 gestärkt wird und so die sozialen Normen, die das Handeln
    254 im Netz prägen, wieder in Übereinstimmung mit den
    255 rechtlichen Normen des Immaterialgüterrechts stehen.
    256 Vorschläge der Medienkompetenzförderung gerade in diesem
    257 Gebiet und auch an Internetnutzer versandte „Warnungen“
    258 können in diese Richtung deuten. Studien belegen, dass auch
    259 Struktur und Bepreisung der legalen Angebote Auswirkungen
    260 auf die Handlungsnormen haben, nach denen sich Nutzer
    261 richten (IViR). Eine Freigabe von Nutzungsformen kann mit
    262 Vergütungsregelungen (Stichwort „Kulturfaltrate“)
    263 einhergehen.
    264
    265 - Ein weiterer Komplex der Verbesserung der
    266 Rechtsdurchsetzung ist im Bereich techni-scher Maßnahmen zu
    267 sehen Eine diskutierte (und genutzte) Reaktionsmöglichkeit
    268 ist im Bereich technologischer Maßnahmen zu suchen, so etwa
    269 die Implementation von Technologien, die Inhalte im Netz
    270 erkennen können und entsprechend etwa die Grundlage für
    271 Filterungen bilden. Dazu gehören Hashing-, Fingerprinting-
    272 und Watermarking-Technologien, die bereits verfügbar sind
    273 und geschützte Werke identifizierbar machen. Eine
    274 Möglichkeit, die bereits bei der Verhinderung von
    275 Rechtsverletzungen ansetzt, besteht in der Filterung von
    276 Inhalten auf dieser technischen Grundlage. Damit einher
    277 gingen jedoch notwendigerweise Eingriffe in das
    278 Fernmeldegeheimnis. Zudem birgt ein Vorgehen, das sich
    279 nicht auf Rechtsverhältnisse, sondern auf technische
    280 Merkmale stützt, die Gefahr von Fehlern und Missbrauch. Der
    281 unlängst bekannt gewordene Fall des Filmemachers Mario
    282 Sixtus, dessen Videos gegen seinen eigenen Willen auf
    283 Betreiben der Gesellschaft zur Verfolgung von
    284 Urheberrechtsverletzungen (GVU) von verschiedenen
    285 Videoportalen gelöscht wurden, hat dies eindrücklich
    286 verdeutlicht.
    287
    288 - Schließlich können auch die Erleichterung der
    289 rechtlichen Verfolgung und erhöhter Verfolgungsdruck sowie
    290 abschreckende Sanktionen eine Reaktion auf
    291 Durchsetzungsdefizite sein.
    292
    293 - In Frankreich und Großbritannien besteht die gesetzliche
    294 Grundlage, Internetnutzer, die gegen
    295 immaterialgüterrechtliche Regelungen verstoßen, vom
    296 Internet abzuklemmen oder ihren Internetzugang zu
    297 verlangsamen („Three Strikes and out“). Dass das
    298 französische Verfassungsgericht die erste Fassung dieses
    299 Gesetzes mit Blick auf mangelnde Rechtsschutzmöglichkeiten
    300 und das verfassungsrechtlich geschützte Interesse am
    301 Internetzugang kritisiert hat, macht die Probleme einer
    302 solchen Regelung deutlich, die – soweit ersichtlich – in
    303 Deutschland auch von den Rechteinhabern nicht gefordert
    304 wird.
    305
    306 Rechtsdurchsetzung und Intermediäre
    307
    308 Charakteristisch für das technische Medium Internet ist es,
    309 dass unterschiedliche Typen von Dienstleistern auf dem Weg
    310 zwischen einem kommunikativen Inhalt und dem Endnutzer
    311 treten (Intermediäre).
    312
    313 Dies sind zum einen die Zugangs-Vermittler
    314 (Access-Provider), zum anderen die Diensteanbieter
    315 (Service-Provider). Access-Provider, die zwischen den
    316 Nutzern und dem Internet stehen, sind für viele regulative
    317 Anliegen ins Blickfeld geraten, da sie wirksam in den
    318 Datenverkehr eingreifen können. Ob sie als „neutrale
    319 Dritte“ nur wegen ihrer Möglichkeit zum Eingriff in den
    320 Blick treten oder auch von illegalem Datenverkehr
    321 profitieren, ist umstritten. Ob und wie sie in ein System
    322 der Rechtsdurchsetzung integriert werden sollten, ist eine
    323 zentrale Frage.
    324
    325 Dabei werden nicht zuletzt datenschutz- und
    326 fernmelderechtliche Antworten zu geben sein. Derzeit sind
    327 Access-Provider nämlich mit gutem Grund durch das
    328 Telemediengesetz davor geschützt, für die von ihnen
    329 transportierten Inhalte zur Verantwortung gezogen zu werden
    330 (Haftungsprivilegierung). Im Interesse einer verbesserten
    331 Urheberrechtsdurchsetzung von dieser Regelung abzurücken,
    332 würde die Neutralität der Access-Provider gefährden. Um
    333 auszuschließen, dass sie für Urheberrechtsverletzungen
    334 einstehen müssten, wären sie gezwungen, den Datenverkehr zu
    335 kontrollieren und nach rechtlichen Gesichtspunkten zu
    336 beurteilen. Damit wäre einer Vorzensur Tür und Tor
    337 geöffnet. Außerdem würde eine solche Regelung faktisch auf
    338 eine Privatisierung rechtsstaatlicher Gewalt hinauslaufen.
    339 Denn während die Löschung oder Blockierung von illegalen
    340 Inhalten derzeit auf juristischem Wege eingeleitet werden
    341 muss, müssten dann die Provider selbst handeln - die
    342 Rechtsdurchsetzung wäre damit in ihr Ermessen gestellt. Im
    343 Interesse eines demokratischen Netzzugangs ist das nicht
    344 wünschenswert.
    345
    346 Bei Diensteanbietern, also Plattformen, die - wie etwa
    347 Youtube - Dritten die Möglichkeit geben, Inhalte zu
    348 veröffentlichen, ohne dass sie selbst vergleichbar
    349 traditionellen Medien eine Veröffentlichungsenstcheidung
    350 treffen, ist die Frage einer urheberrechtlichen Haftung in
    351 der Diskussion. Dass die Attraktivität der Plattform mit
    352 allen auch illegalen Inhalten steigt, ist schwer
    353 bestreitbar, so dass die Anbieter wirtschaftlich
    354 profitieren (ob sie wollen oder nicht). Das LG Hamburg hat
    355 in 2010 eine täterschaftliche Haftung angenommen, dies wird
    356 in der wissenschaftlichen Literatur allerdings auch
    357 kritisiert (Christiansen). Parallel laufen Verhandlungen
    358 zwischen Rechteinhabern und Plattformbetreibern über
    359 Vergütungsmodelle.
    360
    361 Diensteanbieter sehen sich zunehmend dem Vorwurf
    362 ausgesetzt, die Verantwortung für Urheberrechtsverstöße auf
    363 ihre Nutzer abzuwälzen. Tatsächlich können beispielsweise
    364 Videoplattformen für urheberrechtsverletzende
    365 Veröffentlichungen nur dann haftbar gemacht werden, wenn
    366 sie nichts unternommen haben, nachdem sie nachweislich
    367 darüber in Kenntnis gesetzt worden sind. Einerseits scheint
    368 es, ähnlich wie bei den Access-Providern, durchaus
    369 schlüssig, dass Unternehmen, die lediglich eine
    370 Dienstleistung anbieten, nicht direkt für rechtsverletzende
    371 Handlungen ihrer Nutzer in die Haftung genommen werden.
    372 Andererseits folgt daraus in der Praxis eine hohe
    373 Rechtsunsicherheit, da die Anbieter ohne juristische
    374 Prüfung letztlich gar nicht beurteilen können, ob
    375 entsprechende Hinweise tatsächlich berechtigt sind. Auch
    376 hier droht also die Gefahr einer letztlich willkürlichen
    377 privatwirtschaftlichen Regulierung.
    378
    379 Langfristig sollte deshalb darüber nachgedacht werden, wie
    380 Haftungsfragen im Zusammenhang mit user generated content
    381 so gelöst werden können, dass weder den Unternehmen noch
    382 den Nutzern eine unangemessene juristische Verantwortung
    383 aufgebürdet wird. Womöglich wird diese Frage darauf
    384 hinauslaufen, ob eine rechtssichere Zuordnung online
    385 publizierter Inhalte an bestimmte Rechteinhaber langfristig
    386 noch möglich sein wird, ohne den vollumfänglichen
    387 Urheberrechtsschutz an eine Registrierung zu koppeln. Dass
    388 dies kurzfristig aufgrund der Berner Übereinkunft nicht
    389 möglich scheint, macht weitere Überlegungen zu diesem Thema
    390 durchaus nicht überflüssig.(Im Text zu Vergütungsmodellen
    391 wird erneut auf diese Frage zurückgegriffen.)
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    1 Neue Regelungsansätze im Urheberrecht
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    3 Derzeit wird in der politischen und der Fachöffentlichkeit
    4 sehr grundsätzlich über die Frage gestritten, ob und ggf.
    5 wie das Immaterialgüterrecht konzeptionell verändert werden
    6 muss, um den Herausforderungen der Wissensgesellschaft
    7 gewachsen zu sein. Die Debatte ist eng verbunden mit der
    8 Frage, ob eine Fixierung des Urheberrechts auf den Schöpfer
    9 weiter sachgerecht ist oder eine eher an dem Ausgleich
    10 unterschiedlicher Interessen orientierte Konzeption
    11 vorzugswürdig erscheint (s.o. zum Begriff geistiges
    12 Eigentum).
    13
    14 Ein Anlass für das Nachdenken ist, dass einige einen
    15 Akzeptanzverlust des Urheberrechts beobachten und daraus
    16 sogar eine Legitimationskrise ableiten (vgl. etwa Lehmann
    17 und Hansen). Andere sehen diese Akzeptanzprobleme nicht
    18 oder aber sie betonen, dass Aufgabe der Politik sein müsse,
    19 diese Akzeptanz wieder herzustellen. Vor diesem Hintergrund
    20 (aber keineswegs immer unter Bezug auf die Ziele des
    21 Immaterialgüterrechts) werden auf unterschiedlichen Ebenen
    22 konzeptionelle Veränderungen vorgeschlagen, von denen
    23 einige gewichtige im Folgenden dargestellt werden.
    24
    25 Ansätze zur Veränderung der Grundkonzeption des
    26 Immaterialgüterrechts
    27
    28 Neujustierung des Interessenausgleichs
    29
    30 Ausgehend von der Beobachtung, dass eine Konzeption, die
    31 ursprünglich für künstlerische Schöpfungen gedacht war,
    32 angesichts der Veränderung der Produktion von Kreativgütern
    33 immer stärker auch auf technisch-funktionale Werkformen
    34 anwendbar ist, kommen wissenschaftliche Überlegungen zu dem
    35 Schluss, stärker zwischen dem ideellen und materiellen
    36 Schutz zu unterscheiden (Kreutzer). Mit einer solchen
    37 Konzeption wäre jedenfalls im Bereich des materiellen
    38 Schutzes eine tendenzielle Verschiebung der Perspektive vom
    39 Schutz des Urhebers zum Schutz des Erzeugnisses verbunden.
    40
    41 Parallel dazu existieren Überlegungen, in die Konzeption
    42 des Immaterialgüterrechts einzuschreiben, dass das
    43 Interesse an einer Werknutzung als eigenständiges – oder
    44 sogar mit dem Interesse des Schutzes des Schöpfers
    45 gleichwertiges – Interesse in die Konzeption eingezogen
    46 wird (etwa der ehem. Hamburger Justizsenator Steffen).
    47
    48 Diesen Überlegungen wird entgegengehalten, dass sie Belege
    49 für die strukturellen Veränderungen im Bereich der
    50 Produktion von Kreativgütern schuldig bleiben, die einen
    51 Konzeptwechsel rechtfertigen. Zudem wird angemerkt, dass
    52 ein Akzeptanzverlust nicht zu beobachten sei (also etwa
    53 sehr wohl auch Urheberrechtsverletzer häufig die rechtliche
    54 Situation akzeptieren, aber dennoch eigennützig und nicht
    55 entsprechend handeln) [Fußnote: Vgl. OECD, Piracy of
    56 digital content, 2009, Rz. 148 ff.].
    57
    58 In eine ähnliche Richtung gehen Vorschläge, die eine
    59 stärkere Ausdifferenzierung des Urheberrechts nach
    60 unterschiedlichen Werktypen und den damit verbundenen
    61 Interessenlagen fordern. Wissenschaftlich wird dies unter
    62 dem Stichwort „Modularisierung“ oder „Maßgeschneidertes
    63 Urheberrecht (tailormade copyright)“ verhandelt (vgl. etwa
    64 Grosheide).
    65
    66 Faktisch enthält das deutsche Immaterialgüterrecht bereits
    67 solche maßgeschneiderten Lösungen. So gibt es
    68 bereichsspezifische Schutzrechte in Form einzelner
    69 Leistungsschutzrechte und eine Einzelaufzählung inhaltlich
    70 eng begrenzter Schrankenbestimmungen. Vorschläge etwa der
    71 Verleger im Hinblick auf ein neues, speziell für
    72 Presseerzeugnisse geltendes Leistungsschutzrecht würden
    73 dieses Spektrum erweitern.
    74
    75 Zu beobachten ist zudem, dass sich – auch mit Relevanz für
    76 andere Rechtsbereiche – mit dem Aufkommen von
    77 Internet-Kommunikation „Öffentlichkeit“ verändert hat.
    78
    79 Wenn beispielsweise ein Nutzer ein Foto seines
    80 Lieblingsstars auf seiner Profilseite in einem sozialen
    81 Netzwerk postet, begeht er damit im Zweifelsfall eine
    82 Urheberrechtsverletzung. Vorausgesetzt, sein Profil ist
    83 mehr als nur einer kleinen Zahl von persönlichen Bekannten
    84 zugänglich, hätte er nach geltendem Recht nämlich die
    85 Bildrechte beim Fotografen erwerben müssen. Der Grund dafür
    86 ist, dass das Profil in diesem Fall als öffentlich gilt,
    87 auch wenn der einzelne Nutzer es womöglich als reine
    88 Privatangelegenheit empfindet. Während man also einerseits
    89 feststellen kann, dass sich mit dem Internet eine neue Form
    90 von Öffentlichkeit gebildet hat, die parallel zur „alten“,
    91 massenmedialen Öffentlichkeit besteht, hat sich
    92 andererseits diese Sphäre zugleich stark ausdifferenziert.
    93 Ähnlich dem Vorgang, den Jürgen Habermas einst als
    94 Strukturwandel der Öffentlichkeit bezeichnete, haben sich
    95 im Netz neue Teilbereiche von Öffentlichkeit
    96 herausgebildet, die subjektiv als privat empfunden werden,
    97 juristisch jedoch nach wie vor dem Bereich der
    98 Öffentlichkeit zugerechnet werden. Das Recht hat also mit
    99 diesem neuen Strukturwandel nicht Schritt gehalten.
    100
    101 Dies führt zu erheblichen Problemen. Aus der Perspektive
    102 der Rechteinhaber stellt die Veröffentlichung von
    103 urheberrechtlich geschütztem Material im Kontext dieser
    104 neuen, semi-privaten Öffentlichkeitsräume eine vielfache
    105 Rechtsverletzung dar. Sie weisen etwa darauf hin, dass
    106 hundertfache Kontakte in sozialen Netzwerken, auch wenn sie
    107 „Freunde“ genannt werden, nicht der Privatsphäre zuzuordnen
    108 seien. Dem wird entgegengehalten, dass solche „privaten
    109 Öffentlichkeiten“ gleichwohl auch in urheberrechtlicher
    110 Hinsicht von der alten, massenmedialen Öffentlichkeit
    111 unterschieden werden müssten, wozu das Recht bislang noch
    112 nicht in der Lage ist. Der Ausgleich zwischen den
    113 Schutzinteressen von Rechteinhabern und den
    114 Zugangsinteressen von Nutzern müsse für solche neuen Arten
    115 von Öffentlichkeit anders ausgestaltet werden.
    116
    117 In engem Zusammenhang damit stehen Überlegungen, denen
    118 zufolge ein für die digitale Gesellschaft zeitgemäßes
    119 Urheberrecht stärker zwischen kommerziellen und
    120 nicht-kommerziellen Nutzungen unterscheiden müsste. Während
    121 der Unterschied zwischen privatem und gewerblichem Handeln
    122 in anderen Rechtsgebieten extrem relevant ist,
    123 unterscheidet das Urheberrecht im Großen und Ganzen nur
    124 zwischen privat und öffentlich. Den tatsächlichen
    125 Nutzungsgewohnheiten wird dies nicht mehr gerecht, und auch
    126 der vermeintliche oder tatsächliche Schaden für die
    127 Rechteinhaber lässt sich ohne eine solche Differenzierung
    128 kaum sinnvoll abschätzen.
    129
    130 Schranken des Urheberrechts und Interessen Dritter
    131
    132 Nach der derzeitigen Konzeption des deutschen Urheber- und
    133 Leistungsschutzrechts sind die Schranken der systematische
    134 Ort, an dem Interessen Dritter oder der Allgemeinheit zur
    135 Geltung kommen. Sie bieten die Möglichkeit, auch den
    136 verfassungsrechtlich gebotenen Ausgleich der Interessen
    137 herzustellen, wenn etwa auf der Seite der Werknutzer
    138 verfassungsrechtlich geschützte Positionen wie etwa die
    139 Meinungsfreiheit oder die Medienfreiheiten aus Art. 5 Abs.
    140 1 GG für eine freie Zugänglichkeit streiten.
    141
    142 Der deutsche Gesetzgeber ist hier nicht zuletzt an Recht
    143 der Europäischen Union gebunden; so sind die
    144 Schrankenbestimmungen zur Ausnahme beim
    145 Vervielfältigungsrecht und dem Recht der öffentlichen
    146 Wiedergabe in der Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter
    147 Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte
    148 in der Informationsgesellschaft (2001/29/EG) abschließend
    149 geregelt. Allerdings ist auf europäischer Ebene wiederholt
    150 die Frage aufgeworfen worden, ob diese Richtlinie nicht
    151 erneut „aufgeschnürt“ und überarbeitet werden müsste.
    152
    153 Nach der wohl herrschenden Auffassung in der
    154 Rechtswissenschaft sind die Schrankenbestimmungen
    155 grundsätzlich eng auszulegen, wobei dies nicht bedeutet,
    156 dass die jeweils urheberfreundlichste denkbare Auslegung
    157 zugrunde zu legen ist.
    158
    159 In der politischen sowie der Fachdiskussion sind
    160 Erweiterungen im Bereich des Schrankenkatalogs in der
    161 Diskussion. So hat etwa das Aktionsbündnis „Urheberrecht
    162 für Bildung und Wissenschaft“, ein Zusammenschluss nahezu
    163 aller maßgeblichen deutschen Wissenschaftsorganisationen
    164 und vieler renommierter Forscher, vorgeschlagen, eine
    165 allgemeine Bildungs- und Wissenschaftsschranke im
    166 Urheberrecht einzuführen. Diese könnte die bisherigen
    167 kleinteiligen und höchst komplizierten Schrankenlösungen,
    168 zum Beispiel in den Paragraphen 52a, 52b, 53 und 53a
    169 ersetzen. Auf europäsicher Ebene ist seit Längerem eine
    170 Schranke für derivatives Werkschaffen im Zusammenhang mit
    171 user-generated content im Gespräch, durch die Remixes und
    172 Mash-ups entkriminalisiert werden könnten. Last, not least
    173 legen die obigen Ausführungen zur zunehmend problematischen
    174 Trennung von Öffentlichkeit und Privatsphäre nahe,
    175 Schranken für bestimmte nichtkommerzielle Nutzungsarten
    176 einzuführen.
    177
    178 Insbesondere die mehrfach geänderte Schranke der
    179 „Privatkopie“ ist für den Bereich des Internet relevant und
    180 weiterhin hoch umstritten, ob sie in der aktuellen Fassung
    181 zu einem sachgerechten Interessenausgleich führt. Unter dem
    182 Punkt „Schranken“ wird auf diese Diskussion näher
    183 eingegangen.
    184
    185 Darüber hinaus wird diskutiert, inwieweit das europäische
    186 System eines abgeschlossenen Schrankenkatalogs angesichts
    187 raschen Wandels von Nutzungsweisen nicht einem eher
    188 generalklauselartig konstruierten System unterlegen ist.
    189 Letzteres findet sich im anglo-amerikanischen
    190 Copyrightsystem in Form der Fair-Use-Klausel, die
    191 allerdings über unterschiedliche „Tests“ wiederum
    192 Teilregelungen kennt, die schrankenartigen Charakter haben.
    193 Es bleibt die Beobachtung, dass damit den Gerichten etwa in
    194 den USA größerer Spielraum zur Anpassung verbleibt und
    195 damit die übergeordnete Frage, auf welcher Ebene eigentlich
    196 welche Fragen des Interessenausgleichs sachgerecht
    197 erarbeitet werden können.
    198 Indes geht mit derartigen Generalklauseln notwendig ein
    199 gewisses Maß an Rechtsunsicherheit einher. Mittelweg wäre
    200 beispielsweise eine Generalklausel mit nicht abschließend
    201 aufgezählten Regelbeispielen, die eine gewisse Leitlinie
    202 vorgeben. Dieser Weg wurde im Ansatz bei der letzten
    203 Neuformulierung der Zitatschranke des § 51 UrhG verfolgt,
    204 die insoweit für neu auftretende Zitatformen geöffnet wurde.
    205
    206 Insgesamt wirft dies die Frage auf, ob bei der
    207 (Urheberrechts-) Gesetzgebung ein bewusst breiter Rahmen
    208 Einzelfallregelungen vorgezogen werden sollte. Einer eher
    209 langfristigen Gesetzgebung stehen derzeit sehr kurzfristige
    210 Änderungen technischer und gesellschaftlicher Realitäten
    211 gegenüber. So eilt die Gesetzgebung bei Weiterverfolgung
    212 der Regelungen enger Einzelfälle ständig Neuerungen
    213 hinterher, anstatt durch weiter gefasste Formulierung und
    214 Vorgabe von Leitgedanken auch diese mit zu erfassen.
    215
    216 Neben der grundsätzlichen Frage einer eher flexiblen oder
    217 eher einzelfallbezogenen Ausgestaltung stellt sich bei den
    218 Schranken im digitalen Bereich stets auch die Frage ihrer
    219 Durchsetzbarkeit: einerseits im Hinblick auf
    220 Lizenzbestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
    221 (siehe hierzu den Text zu privatwirtschaftlichen
    222 Lizenzverträgen), andererseits im Hinblick auf den Vorrang
    223 von technischen Schutzmaßnahmen. So kann beispielsweise ein
    224 Kopierschutz, der nicht umgangen werden darf, in der Praxis
    225 zu einer „Aushebelung“ der urheberrechtlich legitimierten
    226 Privatkopie führen. Ebenfalls problematisch ist das
    227 Verhältnis der Leistungsschutzrechte zu urheberrechtlichen
    228 Schranken. Wenn etwa ein gemeinfreies Werk von einem
    229 privaten Unternehmen digitalisiert wird, ist grundsätzlich
    230 nicht ausgeschlossen, dass das betreffende Unternehmen an
    231 dem Digitalisat neue Schutzrechte erwirbt. Kritiker sehen
    232 hierin die Gefahr einer Remonopolisierung von Gemeingütern
    233 in privater Hand.
    234
    235 Rechtsdurchsetzung
    236
    237 Verbesserung der Mechanismen der Rechtsdurchsetzung
    238
    239 Sehr deutlich werden die unterschiedlichen
    240 Entwicklungsoptionen des Immaterialgüterrechts, wenn die
    241 Diskussion um die Durchsetzung bei Verstößen gegen
    242 immaterialgüterrechtliche Regelungen kreist. Für einige
    243 manifestiert sich in den Verstößen die mangelnde Akzeptanz
    244 und damit mangelnde Berechtigung des Immaterialgüterrechts
    245 an der betreffenden Stelle. Konsequenter Weise muss auf der
    246 Grundlage derartiger Positionen der Rechtsschutz verkürzt
    247 oder die Schranken ausgeweitet werden. (Überblick bei
    248 Schulz/Büchner). Auf der anderen Seite wird der Ruf nach
    249 einer besseren Rechtsdurchsetzung laut, die wiederum auf
    250 ganz unterschiedlichen Ebenen erfolgen kann:
    251
    252 - Eine Ebene ist, dass die Akzeptanz für das Urheberrecht
    253 gestärkt wird und so die sozialen Normen, die das Handeln
    254 im Netz prägen, wieder in Übereinstimmung mit den
    255 rechtlichen Normen des Immaterialgüterrechts stehen.
    256 Vorschläge der Medienkompetenzförderung gerade in diesem
    257 Gebiet und auch an Internetnutzer versandte „Warnungen“
    258 können in diese Richtung deuten. Studien belegen, dass auch
    259 Struktur und Bepreisung der legalen Angebote Auswirkungen
    260 auf die Handlungsnormen haben, nach denen sich Nutzer
    261 richten (IViR). Eine Freigabe von Nutzungsformen kann mit
    262 Vergütungsregelungen (Stichwort „Kulturfaltrate“)
    263 einhergehen.
    264
    265 - Ein weiterer Komplex der Verbesserung der
    266 Rechtsdurchsetzung ist im Bereich techni-scher Maßnahmen zu
    267 sehen Eine diskutierte (und genutzte) Reaktionsmöglichkeit
    268 ist im Bereich technologischer Maßnahmen zu suchen, so etwa
    269 die Implementation von Technologien, die Inhalte im Netz
    270 erkennen können und entsprechend etwa die Grundlage für
    271 Filterungen bilden. Dazu gehören Hashing-, Fingerprinting-
    272 und Watermarking-Technologien, die bereits verfügbar sind
    273 und geschützte Werke identifizierbar machen. Eine
    274 Möglichkeit, die bereits bei der Verhinderung von
    275 Rechtsverletzungen ansetzt, besteht in der Filterung von
    276 Inhalten auf dieser technischen Grundlage. Damit einher
    277 gingen jedoch notwendigerweise Eingriffe in das
    278 Fernmeldegeheimnis. Zudem birgt ein Vorgehen, das sich
    279 nicht auf Rechtsverhältnisse, sondern auf technische
    280 Merkmale stützt, die Gefahr von Fehlern und Missbrauch. Der
    281 unlängst bekannt gewordene Fall des Filmemachers Mario
    282 Sixtus, dessen Videos gegen seinen eigenen Willen auf
    283 Betreiben der Gesellschaft zur Verfolgung von
    284 Urheberrechtsverletzungen (GVU) von verschiedenen
    285 Videoportalen gelöscht wurden, hat dies eindrücklich
    286 verdeutlicht.
    287
    288 - Schließlich können auch die Erleichterung der
    289 rechtlichen Verfolgung und erhöhter Verfolgungsdruck sowie
    290 abschreckende Sanktionen eine Reaktion auf
    291 Durchsetzungsdefizite sein.
    292
    293 - In Frankreich und Großbritannien besteht die gesetzliche
    294 Grundlage, Internetnutzer, die gegen
    295 immaterialgüterrechtliche Regelungen verstoßen, vom
    296 Internet abzuklemmen oder ihren Internetzugang zu
    297 verlangsamen („Three Strikes and out“). Dass das
    298 französische Verfassungsgericht die erste Fassung dieses
    299 Gesetzes mit Blick auf mangelnde Rechtsschutzmöglichkeiten
    300 und das verfassungsrechtlich geschützte Interesse am
    301 Internetzugang kritisiert hat, macht die Probleme einer
    302 solchen Regelung deutlich, die – soweit ersichtlich – in
    303 Deutschland auch von den Rechteinhabern nicht gefordert
    304 wird.
    305
    306 Rechtsdurchsetzung und Intermediäre
    307
    308 Charakteristisch für das technische Medium Internet ist es,
    309 dass unterschiedliche Typen von Dienstleistern auf dem Weg
    310 zwischen einem kommunikativen Inhalt und dem Endnutzer
    311 treten (Intermediäre).
    312
    313 Dies sind zum einen die Zugangs-Vermittler
    314 (Access-Provider), zum anderen die Diensteanbieter
    315 (Service-Provider). Access-Provider, die zwischen den
    316 Nutzern und dem Internet stehen, sind für viele regulative
    317 Anliegen ins Blickfeld geraten, da sie wirksam in den
    318 Datenverkehr eingreifen können. Ob sie als „neutrale
    319 Dritte“ nur wegen ihrer Möglichkeit zum Eingriff in den
    320 Blick treten oder auch von illegalem Datenverkehr
    321 profitieren, ist umstritten. Ob und wie sie in ein System
    322 der Rechtsdurchsetzung integriert werden sollten, ist eine
    323 zentrale Frage.
    324
    325 Dabei werden nicht zuletzt datenschutz- und
    326 fernmelderechtliche Antworten zu geben sein. Derzeit sind
    327 Access-Provider nämlich mit gutem Grund durch das
    328 Telemediengesetz davor geschützt, für die von ihnen
    329 transportierten Inhalte zur Verantwortung gezogen zu werden
    330 (Haftungsprivilegierung). Im Interesse einer verbesserten
    331 Urheberrechtsdurchsetzung von dieser Regelung abzurücken,
    332 würde die Neutralität der Access-Provider gefährden. Um
    333 auszuschließen, dass sie für Urheberrechtsverletzungen
    334 einstehen müssten, wären sie gezwungen, den Datenverkehr zu
    335 kontrollieren und nach rechtlichen Gesichtspunkten zu
    336 beurteilen. Damit wäre einer Vorzensur Tür und Tor
    337 geöffnet. Außerdem würde eine solche Regelung faktisch auf
    338 eine Privatisierung rechtsstaatlicher Gewalt hinauslaufen.
    339 Denn während die Löschung oder Blockierung von illegalen
    340 Inhalten derzeit auf juristischem Wege eingeleitet werden
    341 muss, müssten dann die Provider selbst handeln - die
    342 Rechtsdurchsetzung wäre damit in ihr Ermessen gestellt. Im
    343 Interesse eines demokratischen Netzzugangs ist das nicht
    344 wünschenswert.
    345
    346 Bei Diensteanbietern, also Plattformen, die - wie etwa
    347 Youtube - Dritten die Möglichkeit geben, Inhalte zu
    348 veröffentlichen, ohne dass sie selbst vergleichbar
    349 traditionellen Medien eine Veröffentlichungsenstcheidung
    350 treffen, ist die Frage einer urheberrechtlichen Haftung in
    351 der Diskussion. Dass die Attraktivität der Plattform mit
    352 allen auch illegalen Inhalten steigt, ist schwer
    353 bestreitbar, so dass die Anbieter wirtschaftlich
    354 profitieren (ob sie wollen oder nicht). Das LG Hamburg hat
    355 in 2010 eine täterschaftliche Haftung angenommen, dies wird
    356 in der wissenschaftlichen Literatur allerdings auch
    357 kritisiert (Christiansen). Parallel laufen Verhandlungen
    358 zwischen Rechteinhabern und Plattformbetreibern über
    359 Vergütungsmodelle.
    360
    361 Diensteanbieter sehen sich zunehmend dem Vorwurf
    362 ausgesetzt, die Verantwortung für Urheberrechtsverstöße auf
    363 ihre Nutzer abzuwälzen. Tatsächlich können beispielsweise
    364 Videoplattformen für urheberrechtsverletzende
    365 Veröffentlichungen nur dann haftbar gemacht werden, wenn
    366 sie nichts unternommen haben, nachdem sie nachweislich
    367 darüber in Kenntnis gesetzt worden sind. Einerseits scheint
    368 es, ähnlich wie bei den Access-Providern, durchaus
    369 schlüssig, dass Unternehmen, die lediglich eine
    370 Dienstleistung anbieten, nicht direkt für rechtsverletzende
    371 Handlungen ihrer Nutzer in die Haftung genommen werden.
    372 Andererseits folgt daraus in der Praxis eine hohe
    373 Rechtsunsicherheit, da die Anbieter ohne juristische
    374 Prüfung letztlich gar nicht beurteilen können, ob
    375 entsprechende Hinweise tatsächlich berechtigt sind. Auch
    376 hier droht also die Gefahr einer letztlich willkürlichen
    377 privatwirtschaftlichen Regulierung.
    378
    379 Langfristig sollte deshalb darüber nachgedacht werden, wie
    380 Haftungsfragen im Zusammenhang mit user generated content
    381 so gelöst werden können, dass weder den Unternehmen noch
    382 den Nutzern eine unangemessene juristische Verantwortung
    383 aufgebürdet wird. Womöglich wird diese Frage darauf
    384 hinauslaufen, ob eine rechtssichere Zuordnung online
    385 publizierter Inhalte an bestimmte Rechteinhaber langfristig
    386 noch möglich sein wird, ohne den vollumfänglichen
    387 Urheberrechtsschutz an eine Registrierung zu koppeln. Dass
    388 dies kurzfristig aufgrund der Berner Übereinkunft nicht
    389 möglich scheint, macht weitere Überlegungen zu diesem Thema
    390 durchaus nicht überflüssig.(Im Text zu Vergütungsmodellen
    391 wird erneut auf diese Frage zurückgegriffen.)
  • 1.10 (Neue Regelungsansätze) (Originalversion)

    von EnqueteWiMi3, angelegt
    1 Neue Regelungsansätze im Urheberrecht
    2
    3 Derzeit wird in der politischen und der Fachöffentlichkeit
    4 sehr grundsätzlich über die Frage gestritten, ob und ggf.
    5 wie das Immaterialgüterrecht konzeptionell verändert werden
    6 muss, um den Herausforderungen der Wissensgesellschaft
    7 gewachsen zu sein. Die Debatte ist eng verbunden mit der
    8 Frage, ob eine Fixierung des Urheberrechts auf den Schöpfer
    9 weiter sachgerecht ist oder eine eher an dem Ausgleich
    10 unterschiedlicher Interessen orientierte Konzeption
    11 vorzugswürdig erscheint (s.o. zum Begriff geistiges
    12 Eigentum).
    13
    14 Ein Anlass für das Nachdenken ist, dass einige einen
    15 Akzeptanzverlust des Urheberrechts beobachten und daraus
    16 sogar eine Legitimationskrise ableiten (vgl. etwa Lehmann
    17 und Hansen). Andere sehen diese Akzeptanzprobleme nicht
    18 oder aber sie betonen, dass Aufgabe der Politik sein müsse,
    19 diese Akzeptanz wieder herzustellen. Vor diesem Hintergrund
    20 (aber keineswegs immer unter Bezug auf die Ziele des
    21 Immaterialgüterrechts) werden auf unterschiedlichen Ebenen
    22 konzeptionelle Veränderungen vorgeschlagen, von denen
    23 einige gewichtige im Folgenden dargestellt werden.
    24
    25 Ansätze zur Veränderung der Grundkonzeption des
    26 Immaterialgüterrechts
    27
    28 Neujustierung des Interessenausgleichs
    29
    30 Ausgehend von der Beobachtung, dass eine Konzeption, die
    31 ursprünglich für künstlerische Schöpfungen gedacht war,
    32 angesichts der Veränderung der Produktion von Kreativgütern
    33 immer stärker auch auf technisch-funktionale Werkformen
    34 anwendbar ist, kommen wissenschaftliche Überlegungen zu dem
    35 Schluss, stärker zwischen dem ideellen und materiellen
    36 Schutz zu unterscheiden (Kreutzer). Mit einer solchen
    37 Konzeption wäre jedenfalls im Bereich des materiellen
    38 Schutzes eine tendenzielle Verschiebung der Perspektive vom
    39 Schutz des Urhebers zum Schutz des Erzeugnisses verbunden.
    40
    41 Parallel dazu existieren Überlegungen, in die Konzeption
    42 des Immaterialgüterrechts einzuschreiben, dass das
    43 Interesse an einer Werknutzung als eigenständiges – oder
    44 sogar mit dem Interesse des Schutzes des Schöpfers
    45 gleichwertiges – Interesse in die Konzeption eingezogen
    46 wird (etwa der ehem. Hamburger Justizsenator Steffen).
    47
    48 Diesen Überlegungen wird entgegengehalten, dass sie Belege
    49 für die strukturellen Veränderungen im Bereich der
    50 Produktion von Kreativgütern schuldig bleiben, die einen
    51 Konzeptwechsel rechtfertigen. Zudem wird angemerkt, dass
    52 ein Akzeptanzverlust nicht zu beobachten sei (also etwa
    53 sehr wohl auch Urheberrechtsverletzer häufig die rechtliche
    54 Situation akzeptieren, aber dennoch eigennützig und nicht
    55 entsprechend handeln) [Fußnote: Vgl. OECD, Piracy of
    56 digital content, 2009, Rz. 148 ff.].
    57
    58 In eine ähnliche Richtung gehen Vorschläge, die eine
    59 stärkere Ausdifferenzierung des Urheberrechts nach
    60 unterschiedlichen Werktypen und den damit verbundenen
    61 Interessenlagen fordern. Wissenschaftlich wird dies unter
    62 dem Stichwort „Modularisierung“ oder „Maßgeschneidertes
    63 Urheberrecht (tailormade copyright)“ verhandelt (vgl. etwa
    64 Grosheide).
    65
    66 Faktisch enthält das deutsche Immaterialgüterrecht bereits
    67 solche maßgeschneiderten Lösungen. So gibt es
    68 bereichsspezifische Schutzrechte in Form einzelner
    69 Leistungsschutzrechte und eine Einzelaufzählung inhaltlich
    70 eng begrenzter Schrankenbestimmungen. Vorschläge etwa der
    71 Verleger im Hinblick auf ein neues, speziell für
    72 Presseerzeugnisse geltendes Leistungsschutzrecht würden
    73 dieses Spektrum erweitern.
    74
    75 Zu beobachten ist zudem, dass sich – auch mit Relevanz für
    76 andere Rechtsbereiche – mit dem Aufkommen von
    77 Internet-Kommunikation „Öffentlichkeit“ verändert hat.
    78
    79 Wenn beispielsweise ein Nutzer ein Foto seines
    80 Lieblingsstars auf seiner Profilseite in einem sozialen
    81 Netzwerk postet, begeht er damit im Zweifelsfall eine
    82 Urheberrechtsverletzung. Vorausgesetzt, sein Profil ist
    83 mehr als nur einer kleinen Zahl von persönlichen Bekannten
    84 zugänglich, hätte er nach geltendem Recht nämlich die
    85 Bildrechte beim Fotografen erwerben müssen. Der Grund dafür
    86 ist, dass das Profil in diesem Fall als öffentlich gilt,
    87 auch wenn der einzelne Nutzer es womöglich als reine
    88 Privatangelegenheit empfindet. Während man also einerseits
    89 feststellen kann, dass sich mit dem Internet eine neue Form
    90 von Öffentlichkeit gebildet hat, die parallel zur „alten“,
    91 massenmedialen Öffentlichkeit besteht, hat sich
    92 andererseits diese Sphäre zugleich stark ausdifferenziert.
    93 Ähnlich dem Vorgang, den Jürgen Habermas einst als
    94 Strukturwandel der Öffentlichkeit bezeichnete, haben sich
    95 im Netz neue Teilbereiche von Öffentlichkeit
    96 herausgebildet, die subjektiv als privat empfunden werden,
    97 juristisch jedoch nach wie vor dem Bereich der
    98 Öffentlichkeit zugerechnet werden. Das Recht hat also mit
    99 diesem neuen Strukturwandel nicht Schritt gehalten.
    100
    101 Dies führt zu erheblichen Problemen. Aus der Perspektive
    102 der Rechteinhaber stellt die Veröffentlichung von
    103 urheberrechtlich geschütztem Material im Kontext dieser
    104 neuen, semi-privaten Öffentlichkeitsräume eine vielfache
    105 Rechtsverletzung dar. Sie weisen etwa darauf hin, dass
    106 hundertfache Kontakte in sozialen Netzwerken, auch wenn sie
    107 „Freunde“ genannt werden, nicht der Privatsphäre zuzuordnen
    108 seien. Dem wird entgegengehalten, dass solche „privaten
    109 Öffentlichkeiten“ gleichwohl auch in urheberrechtlicher
    110 Hinsicht von der alten, massenmedialen Öffentlichkeit
    111 unterschieden werden müssten, wozu das Recht bislang noch
    112 nicht in der Lage ist. Der Ausgleich zwischen den
    113 Schutzinteressen von Rechteinhabern und den
    114 Zugangsinteressen von Nutzern müsse für solche neuen Arten
    115 von Öffentlichkeit anders ausgestaltet werden.
    116
    117 In engem Zusammenhang damit stehen Überlegungen, denen
    118 zufolge ein für die digitale Gesellschaft zeitgemäßes
    119 Urheberrecht stärker zwischen kommerziellen und
    120 nicht-kommerziellen Nutzungen unterscheiden müsste. Während
    121 der Unterschied zwischen privatem und gewerblichem Handeln
    122 in anderen Rechtsgebieten extrem relevant ist,
    123 unterscheidet das Urheberrecht im Großen und Ganzen nur
    124 zwischen privat und öffentlich. Den tatsächlichen
    125 Nutzungsgewohnheiten wird dies nicht mehr gerecht, und auch
    126 der vermeintliche oder tatsächliche Schaden für die
    127 Rechteinhaber lässt sich ohne eine solche Differenzierung
    128 kaum sinnvoll abschätzen.
    129
    130 Schranken des Urheberrechts und Interessen Dritter
    131
    132 Nach der derzeitigen Konzeption des deutschen Urheber- und
    133 Leistungsschutzrechts sind die Schranken der systematische
    134 Ort, an dem Interessen Dritter oder der Allgemeinheit zur
    135 Geltung kommen. Sie bieten die Möglichkeit, auch den
    136 verfassungsrechtlich gebotenen Ausgleich der Interessen
    137 herzustellen, wenn etwa auf der Seite der Werknutzer
    138 verfassungsrechtlich geschützte Positionen wie etwa die
    139 Meinungsfreiheit oder die Medienfreiheiten aus Art. 5 Abs.
    140 1 GG für eine freie Zugänglichkeit streiten.
    141
    142 Der deutsche Gesetzgeber ist hier nicht zuletzt an Recht
    143 der Europäischen Union gebunden; so sind die
    144 Schrankenbestimmungen zur Ausnahme beim
    145 Vervielfältigungsrecht und dem Recht der öffentlichen
    146 Wiedergabe in der Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter
    147 Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte
    148 in der Informationsgesellschaft (2001/29/EG) abschließend
    149 geregelt. Allerdings ist auf europäischer Ebene wiederholt
    150 die Frage aufgeworfen worden, ob diese Richtlinie nicht
    151 erneut „aufgeschnürt“ und überarbeitet werden müsste.
    152
    153 Nach der wohl herrschenden Auffassung in der
    154 Rechtswissenschaft sind die Schrankenbestimmungen
    155 grundsätzlich eng auszulegen, wobei dies nicht bedeutet,
    156 dass die jeweils urheberfreundlichste denkbare Auslegung
    157 zugrunde zu legen ist.
    158
    159 In der politischen sowie der Fachdiskussion sind
    160 Erweiterungen im Bereich des Schrankenkatalogs in der
    161 Diskussion. So hat etwa das Aktionsbündnis „Urheberrecht
    162 für Bildung und Wissenschaft“, ein Zusammenschluss nahezu
    163 aller maßgeblichen deutschen Wissenschaftsorganisationen
    164 und vieler renommierter Forscher, vorgeschlagen, eine
    165 allgemeine Bildungs- und Wissenschaftsschranke im
    166 Urheberrecht einzuführen. Diese könnte die bisherigen
    167 kleinteiligen und höchst komplizierten Schrankenlösungen,
    168 zum Beispiel in den Paragraphen 52a, 52b, 53 und 53a
    169 ersetzen. Auf europäsicher Ebene ist seit Längerem eine
    170 Schranke für derivatives Werkschaffen im Zusammenhang mit
    171 user-generated content im Gespräch, durch die Remixes und
    172 Mash-ups entkriminalisiert werden könnten. Last, not least
    173 legen die obigen Ausführungen zur zunehmend problematischen
    174 Trennung von Öffentlichkeit und Privatsphäre nahe,
    175 Schranken für bestimmte nichtkommerzielle Nutzungsarten
    176 einzuführen.
    177
    178 Insbesondere die mehrfach geänderte Schranke der
    179 „Privatkopie“ ist für den Bereich des Internet relevant und
    180 weiterhin hoch umstritten, ob sie in der aktuellen Fassung
    181 zu einem sachgerechten Interessenausgleich führt. Unter dem
    182 Punkt „Schranken“ wird auf diese Diskussion näher
    183 eingegangen.
    184
    185 Darüber hinaus wird diskutiert, inwieweit das europäische
    186 System eines abgeschlossenen Schrankenkatalogs angesichts
    187 raschen Wandels von Nutzungsweisen nicht einem eher
    188 generalklauselartig konstruierten System unterlegen ist.
    189 Letzteres findet sich im anglo-amerikanischen
    190 Copyrightsystem in Form der Fair-Use-Klausel, die
    191 allerdings über unterschiedliche „Tests“ wiederum
    192 Teilregelungen kennt, die schrankenartigen Charakter haben.
    193 Es bleibt die Beobachtung, dass damit den Gerichten etwa in
    194 den USA größerer Spielraum zur Anpassung verbleibt und
    195 damit die übergeordnete Frage, auf welcher Ebene eigentlich
    196 welche Fragen des Interessenausgleichs sachgerecht
    197 erarbeitet werden können.
    198 Indes geht mit derartigen Generalklauseln notwendig ein
    199 gewisses Maß an Rechtsunsicherheit einher. Mittelweg wäre
    200 beispielsweise eine Generalklausel mit nicht abschließend
    201 aufgezählten Regelbeispielen, die eine gewisse Leitlinie
    202 vorgeben. Dieser Weg wurde im Ansatz bei der letzten
    203 Neuformulierung der Zitatschranke des § 51 UrhG verfolgt,
    204 die insoweit für neu auftretende Zitatformen geöffnet wurde.
    205
    206 Insgesamt wirft dies die Frage auf, ob bei der
    207 (Urheberrechts-) Gesetzgebung ein bewusst breiter Rahmen
    208 Einzelfallregelungen vorgezogen werden sollte. Einer eher
    209 langfristigen Gesetzgebung stehen derzeit sehr kurzfristige
    210 Änderungen technischer und gesellschaftlicher Realitäten
    211 gegenüber. So eilt die Gesetzgebung bei Weiterverfolgung
    212 der Regelungen enger Einzelfälle ständig Neuerungen
    213 hinterher, anstatt durch weiter gefasste Formulierung und
    214 Vorgabe von Leitgedanken auch diese mit zu erfassen.
    215
    216 Neben der grundsätzlichen Frage einer eher flexiblen oder
    217 eher einzelfallbezogenen Ausgestaltung stellt sich bei den
    218 Schranken im digitalen Bereich stets auch die Frage ihrer
    219 Durchsetzbarkeit: einerseits im Hinblick auf
    220 Lizenzbestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
    221 (siehe hierzu den Text zu privatwirtschaftlichen
    222 Lizenzverträgen), andererseits im Hinblick auf den Vorrang
    223 von technischen Schutzmaßnahmen. So kann beispielsweise ein
    224 Kopierschutz, der nicht umgangen werden darf, in der Praxis
    225 zu einer „Aushebelung“ der urheberrechtlich legitimierten
    226 Privatkopie führen. Ebenfalls problematisch ist das
    227 Verhältnis der Leistungsschutzrechte zu urheberrechtlichen
    228 Schranken. Wenn etwa ein gemeinfreies Werk von einem
    229 privaten Unternehmen digitalisiert wird, ist grundsätzlich
    230 nicht ausgeschlossen, dass das betreffende Unternehmen an
    231 dem Digitalisat neue Schutzrechte erwirbt. Kritiker sehen
    232 hierin die Gefahr einer Remonopolisierung von Gemeingütern
    233 in privater Hand.
    234
    235 Rechtsdurchsetzung
    236
    237 Verbesserung der Mechanismen der Rechtsdurchsetzung
    238
    239 Sehr deutlich werden die unterschiedlichen
    240 Entwicklungsoptionen des Immaterialgüterrechts, wenn die
    241 Diskussion um die Durchsetzung bei Verstößen gegen
    242 immaterialgüterrechtliche Regelungen kreist. Für einige
    243 manifestiert sich in den Verstößen die mangelnde Akzeptanz
    244 und damit mangelnde Berechtigung des Immaterialgüterrechts
    245 an der betreffenden Stelle. Konsequenter Weise muss auf der
    246 Grundlage derartiger Positionen der Rechtsschutz verkürzt
    247 oder die Schranken ausgeweitet werden. (Überblick bei
    248 Schulz/Büchner). Auf der anderen Seite wird der Ruf nach
    249 einer besseren Rechtsdurchsetzung laut, die wiederum auf
    250 ganz unterschiedlichen Ebenen erfolgen kann:
    251
    252 - Eine Ebene ist, dass die Akzeptanz für das Urheberrecht
    253 gestärkt wird und so die sozialen Normen, die das Handeln
    254 im Netz prägen, wieder in Übereinstimmung mit den
    255 rechtlichen Normen des Immaterialgüterrechts stehen.
    256 Vorschläge der Medienkompetenzförderung gerade in diesem
    257 Gebiet und auch an Internetnutzer versandte „Warnungen“
    258 können in diese Richtung deuten. Studien belegen, dass auch
    259 Struktur und Bepreisung der legalen Angebote Auswirkungen
    260 auf die Handlungsnormen haben, nach denen sich Nutzer
    261 richten (IViR). Eine Freigabe von Nutzungsformen kann mit
    262 Vergütungsregelungen (Stichwort „Kulturfaltrate“)
    263 einhergehen.
    264
    265 - Ein weiterer Komplex der Verbesserung der
    266 Rechtsdurchsetzung ist im Bereich techni-scher Maßnahmen zu
    267 sehen Eine diskutierte (und genutzte) Reaktionsmöglichkeit
    268 ist im Bereich technologischer Maßnahmen zu suchen, so etwa
    269 die Implementation von Technologien, die Inhalte im Netz
    270 erkennen können und entsprechend etwa die Grundlage für
    271 Filterungen bilden. Dazu gehören Hashing-, Fingerprinting-
    272 und Watermarking-Technologien, die bereits verfügbar sind
    273 und geschützte Werke identifizierbar machen. Eine
    274 Möglichkeit, die bereits bei der Verhinderung von
    275 Rechtsverletzungen ansetzt, besteht in der Filterung von
    276 Inhalten auf dieser technischen Grundlage. Damit einher
    277 gingen jedoch notwendigerweise Eingriffe in das
    278 Fernmeldegeheimnis. Zudem birgt ein Vorgehen, das sich
    279 nicht auf Rechtsverhältnisse, sondern auf technische
    280 Merkmale stützt, die Gefahr von Fehlern und Missbrauch. Der
    281 unlängst bekannt gewordene Fall des Filmemachers Mario
    282 Sixtus, dessen Videos gegen seinen eigenen Willen auf
    283 Betreiben der Gesellschaft zur Verfolgung von
    284 Urheberrechtsverletzungen (GVU) von verschiedenen
    285 Videoportalen gelöscht wurden, hat dies eindrücklich
    286 verdeutlicht.
    287
    288 - Schließlich können auch die Erleichterung der rechtlichen
    289 Verfolgung und erhöhter Verfolgungsdruck sowie
    290 abschreckende Sanktionen eine Reaktion auf
    291 Durchsetzungsdefizite sein.
    292
    293 - In Frankreich und Großbritannien besteht die gesetzliche
    294 Grundlage, Internetnutzer, die gegen
    295 immaterialgüterrechtliche Regelungen verstoßen, vom
    296 Internet abzuklemmen oder ihren Internetzugang zu
    297 verlangsamen („Three Strikes and out“). Dass das
    298 französische Verfassungsgericht die erste Fassung dieses
    299 Gesetzes mit Blick auf mangelnde Rechtsschutzmöglichkeiten
    300 und das verfassungsrechtlich geschützte Interesse am
    301 Internetzugang kritisiert hat, macht die Probleme einer
    302 solchen Regelung deutlich, die – soweit ersichtlich – in
    303 Deutschland auch von den Rechteinhabern nicht gefordert
    304 wird.
    305
    306 Rechtsdurchsetzung und Intermediäre
    307
    308 Charakteristisch für das technische Medium Internet ist es,
    309 dass unterschiedliche Typen von Dienstleistern auf dem Weg
    310 zwischen einem kommunikativen Inhalt und dem Endnutzer
    311 treten (Intermediäre).
    312
    313 Dies sind zum einen die Zugangs-Vermittler
    314 (Access-Provider), zum anderen die Diensteanbieter
    315 (Service-Provider). Access-Provider, die zwischen den
    316 Nutzern und dem Internet stehen, sind für viele regulative
    317 Anliegen ins Blickfeld geraten, da sie wirksam in den
    318 Datenverkehr eingreifen können. Ob sie als „neutrale
    319 Dritte“ nur wegen ihrer Möglichkeit zum Eingriff in den
    320 Blick treten oder auch von illegalem Datenverkehr
    321 profitieren, ist umstritten. Ob und wie sie in ein System
    322 der Rechtsdurchsetzung integriert werden sollten, ist eine
    323 zentrale Frage.
    324
    325 Dabei werden nicht zuletzt datenschutz- und
    326 fernmelderechtliche Antworten zu geben sein. Derzeit sind
    327 Access-Provider nämlich mit gutem Grund durch das
    328 Telemediengesetz davor geschützt, für die von ihnen
    329 transportierten Inhalte zur Verantwortung gezogen zu werden
    330 (Haftungsprivilegierung). Im Interesse einer verbesserten
    331 Urheberrechtsdurchsetzung von dieser Regelung abzurücken,
    332 würde die Neutralität der Access-Provider gefährden. Um
    333 auszuschließen, dass sie für Urheberrechtsverletzungen
    334 einstehen müssten, wären sie gezwungen, den Datenverkehr zu
    335 kontrollieren und nach rechtlichen Gesichtspunkten zu
    336 beurteilen. Damit wäre einer Vorzensur Tür und Tor
    337 geöffnet. Außerdem würde eine solche Regelung faktisch auf
    338 eine Privatisierung rechtsstaatlicher Gewalt hinauslaufen.
    339 Denn während die Löschung oder Blockierung von illegalen
    340 Inhalten derzeit auf juristischem Wege eingeleitet werden
    341 muss, müssten dann die Provider selbst handeln - die
    342 Rechtsdurchsetzung wäre damit in ihr Ermessen gestellt. Im
    343 Interesse eines demokratischen Netzzugangs ist das nicht
    344 wünschenswert.
    345
    346 Bei Diensteanbietern, also Plattformen, die - wie etwa
    347 Youtube - Dritten die Möglichkeit geben, Inhalte zu
    348 veröffentlichen, ohne dass sie selbst vergleichbar
    349 traditionellen Medien eine Veröffentlichungsenstcheidung
    350 treffen, ist die Frage einer urheberrechtlichen Haftung in
    351 der Diskussion. Dass die Attraktivität der Plattform mit
    352 allen auch illegalen Inhalten steigt, ist schwer
    353 bestreitbar, so dass die Anbieter wirtschaftlich
    354 profitieren (ob sie wollen oder nicht). Das LG Hamburg hat
    355 in 2010 eine täterschaftliche Haftung angenommen, dies wird
    356 in der wissenschaftlichen Literatur allerdings auch
    357 kritisiert (Christiansen). Parallel laufen Verhandlungen
    358 zwischen Rechteinhabern und Plattformbetreibern über
    359 Vergütungsmodelle.
    360
    361 Diensteanbieter sehen sich zunehmend dem Vorwurf
    362 ausgesetzt, die Verantwortung für Urheberrechtsverstöße auf
    363 ihre Nutzer abzuwälzen. Tatsächlich können beispielsweise
    364 Videoplattformen für urheberrechtsverletzende
    365 Veröffentlichungen nur dann haftbar gemacht werden, wenn
    366 sie nichts unternommen haben, nachdem sie nachweislich
    367 darüber in Kenntnis gesetzt worden sind. Einerseits scheint
    368 es, ähnlich wie bei den Access-Providern, durchaus
    369 schlüssig, dass Unternehmen, die lediglich eine
    370 Dienstleistung anbieten, nicht direkt für rechtsverletzende
    371 Handlungen ihrer Nutzer in die Haftung genommen werden.
    372 Andererseits folgt daraus in der Praxis eine hohe
    373 Rechtsunsicherheit, da die Anbieter ohne juristische
    374 Prüfung letztlich gar nicht beurteilen können, ob
    375 entsprechende Hinweise tatsächlich berechtigt sind. Auch
    376 hier droht also die Gefahr einer letztlich willkürlichen
    377 privatwirtschaftlichen Regulierung.
    378
    379 Langfristig sollte deshalb darüber nachgedacht werden, wie
    380 Haftungsfragen im Zusammenhang mit user generated content
    381 so gelöst werden können, dass weder den Unternehmen noch
    382 den Nutzern eine unangemessene juristische Verantwortung
    383 aufgebürdet wird. Womöglich wird diese Frage darauf
    384 hinauslaufen, ob eine rechtssichere Zuordnung online
    385 publizierter Inhalte an bestimmte Rechteinhaber langfristig
    386 noch möglich sein wird, ohne den vollumfänglichen
    387 Urheberrechtsschutz an eine Registrierung zu koppeln. Dass
    388 dies kurzfristig aufgrund der Berner Übereinkunft nicht
    389 möglich scheint, macht weitere Überlegungen zu diesem Thema
    390 durchaus nicht überflüssig.(Im Text zu Vergütungsmodellen
    391 wird erneut auf diese Frage zurückgegriffen.)